Seit fast zwei Jahren treffen sich einige Mülheimer Gärtner regelmäßig zum geselligen Fachsimpeln. Der Gärtnerstammtisch fand sich über einen Aufruf in der WAZ zusammen.

Er war ein einsamer Gärtnersmann – bis zum Juli 2007. Damals suchte Horst Haack (76) über die WAZ Gleichgesinnte, die mit ihm über die Form und Farbe von Radieschen, über Bonsais, Fallobst und Lysanthai fachsimpeln wollten. Er hat sie gefunden, seit drei Jahren treffen sich bis zu 18 Mülheimer Gartenfreunde regelmäßig zu Stammtisch und gemeinsamer Pflanzarbeit.

„Wobei wir alle irgendwo Individualisten geblieben sind“, sagt Haack schmunzelnd. „Jeder gärtnert eben anders.“ Bei Haack machen die Apfelbäume einen großen Teil seiner 250 Quadratmeter am Rand der Innenstadt aus, dazu kommen Gemüsebeete und Kräuter, die er eigens für die Küche züchtet. Darüber freut sich auch Ehefrau Hede (80), auch sie begeisterte Gärtnerin. Das gute Gedeihen von etwa 90 Bonsais und ebenso vielen Kakteen ist, betont der Ehemann, genauso auch ihr Verdienst.

Helmut Fiebig (78) aus Saarn und Egbert Henscheidt (76) aus Heißen können stundenlang über Weinstöcke und Teiche philosophieren. Zum letzten Stammtisch hat Fiebig eine Liste der Bestellungen seiner Kollegen für Tomatenpflanzen mitgebracht – das erledigt der Hobbygärtner mittlerweile im Internet.

Ursula Funke (64) aus Speldorf hat eine so große Leidenschaft für Bonsais entwickelt, dass sie Japanisch lernt, um auf regelmäßigen Gartenreisen durch das Land auch fachlich mitzukommen – zumindest schon viel besser als früher. Und schließlich sind auch Pflanzen Lebewesen, die verstanden werden wollen. Einzige „Aufnahmevoraussetzung“ bei den Gartenfreunden ist die blühende Leidenschaft für das eigene Fleckchen Grün, ob groß oder klein. Noch eines haben alle gemeinsam: Sie lassen die Natur auch gern mal selbst entscheiden. „Es gibt doch nichts Schlimmeres als Rasen, der mit der Nagelschere geschnitten ist“, findet Egbert Henscheidt. Und austauschen wollen sie sich, beim Stammtisch im Wasserbahnhof immer wieder neue Anregungen bekommen.

Die Gartenfreunde beim Stammtisch im Wasserbahnhof.
Die Gartenfreunde beim Stammtisch im Wasserbahnhof.

Los ging alles vor drei Jahren mit einem „Tag des offenen Gartens“ in Horst Haacks Privatparadies, als die ersten Erfahrungen und Setzlinge ausgetauscht wurden. Dort kamen zunächst sechs Gleichgesinnte zusammen, dann war die heutige Mitgliederzahl schnell erreicht.

Schon als Kind half Horst Haack seinem Großvater im Duisburger Garten. Als er 1959 nach Mülheim kam, lebte er nie lange ohne den eigenen. Bis heute findet der pensionierter Bauingenieur jeden Tag etwas zu tun. „Manchmal darf man gar nicht so genau hinsehen“, bestätigt Helmut Fiebig. „Sonst kommt man zu gar nichts anderem mehr. Ein Garten ist besser als jedes Fitnessstudio.“

Seine Leidenschaft begründet Horst Haack heute noch genauso wie am ersten Tag. „Als Gärtner fühlt man sich wie ein Regisseur, der bis zu einem gewissen Punkt alles beeinflussen kann.“ Aber eben nur bis zu einem gewissen Punkt, wie gesagt, auch Pflanzen sind Lebewesen. „Geduld muss man schon haben.“

Zum Schluss bleiben beim Stammtisch zwar noch einige Fragen offen: Kunstdünger oder organischer? Rasen oder Wiese? Welcher Ph-Wert ist der beste? Gut, dass es bis zum nächsten Treffen nicht mehr lange hin ist – bis dahin hat ganz sicher jeder noch ein wenig experimentiert.