Als „herben Rückschritt“ für ihre Arbeit bezeichnet Ruth Küchler die Änderung des Landesjagdgesetzes, das nun den Abschuss der Kanada-Gänse seit dem 16. Juli erlaubt.

Bejagt werden dürfen auch Nil- und Graugänse. Küchlers Interessengemeinschaft zum Schutz der Kanadagänse hatte im letzten Jahr 2500 Unterschriften zum Schutz der Tiere gesammelt und der Oberbürgermeisterin überreicht.

Die Gänse dürfen nun – außerhalb von Naturschutzgebieten – vom 16. Juli bis zum 31. Januar in NRW geschossen werden. In „befriedeten Gebieten“ , erklärt Anke Degner von der Stadtpressestelle, dürfe nicht gejagt werden. Dazu gehöre etwa der Bereich an der Stadthalle, wo sich derzeit die Population der Gänse allerdings „in Grenzen“ halte.

Verkotung und landwirtschaftliche Schäden bei zu starker Vermehrung der Gänse war auch die Begründung für den genehmigten Abschuss von insgesamt 217 Kanadagänsen und zwölf Nilgänsen im gesamten Stadtgebiet im vergangenen Jagdjahr (1. April 2009 bis zum 31. März 2010).

Die eingewanderten Tiere hätten eben, so Degner, hierzulande keine natürlichen Feinde. Jagen dürften die Jagdpächter der betreffenden Bezirke, z. B. die Landwirte. Auf städtischen Grundstücken ist die Oberförsterei zuständig. Aber derzeit, so Anke Degner, werde kein Gänse-Abschuss erwogen.

Auch für die Kreisjägerschaft sind die Kanadagänse zurzeit „kein Thema“, sagt Jäger-Sprecher Bernd Schalk. Gänse seinen ja „Zugwild“, und am Niederrhein seien die Tiere derzeit wohl „ein größeres Thema als bei uns.“

Ruth Küchler hat Zahlen parat: Zählungen im Winter seien auf 189 Tiere gekommen, die zumeist in den Ruhr­auen lebten. Derzeit seien es etwa 300 Gänse – „mehr haben wir in Mülheim nicht.“ Genaue Zahlen seien aber nicht einfach zu ermitteln, räumt sie ein, weil die Tiere sich zwischen den Städten hin und her bewegen würden.

Dramatische Fressschäden durch die Gänse bezweifelt Ruth Küchler: Die wachsamen Tiere würden gar nicht auf die hochgewachsenen Felder gehen. Zur Dezimierung der Gänse sei die Jagd ohnehin nicht geeignet, ist Ruth Küchler überzeugt. „Wenn man sie ganz in Ruhe ließe, würde man feststellen, dass sich die Population gar nicht erhöht.“ Gänse würden nämlich sozial in kleinen Gruppen leben. Nach Abschüssen würden sie nachbrüten, um ihre Populationsstärke zu erhalten. Auch würden „ortsfremde“ Gänse nachrücken, um die Plätze in den Sozialgruppen wieder aufzufüllen.

Ruth Küchler sieht noch ein weiteres Problem bei der Bejagung der Gänse: Wenn geschossen werde, würden damit andere, geschützte Tiere gestört. Als Beispiel nennt sie den seltenen Eisvogel: „Wer weiß, wie lange wir den noch haben.“ Die Gänseschützerin hofft, dass der neue NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) das Jagdgesetz erneut ändern könnte – „doch das geht ja auch nicht von jetzt auf gleich.“