An dem furchtbaren Unglück auf der letzten aller Loveparades waren auch Mülheimer beteiligt: als Helfer in der Not oder als Augenzeugen, die eigentlich bloß ein Musikfest erleben wollten.

„Es war Chaos und Hölle pur“, sagt Christian Mangen, der stundenlang in der Menschenmasse eingekeilt war und die Panik miterlebte. Ihn kannte man bislang nicht als Anhänger elektronischer Musikspektakel, eher als OB-Kandidaten für die FDP. Er sei quasi „touristisch“ unterwegs gewesen, sagt Mangen: „Ich bin nicht der klassische Raver, sondern wollte nur mal sehen, wie es läuft.“

Gegen 17 Uhr quälte er sich selber durch den Tunnel. Er berichtet vom Druck, der jede Bewegung unmöglich machte, „unglaublichen“ Körperstaus, Menschen, die schrien oder keine Luft mehr bekamen, von Sanitätern, die nicht durchdrangen, um Zusammengebrochenen zu helfen. „Einer trug eine leblose Frau raus, ob sie nur ohnmächtig war, weiß ich nicht.“ Was Christian Mangen skandalös fand: „Diese schreckliche Pressekonferenz! Sie hat mit der Realität nichts zu tun. Der Tunnel war wirklich das Nadelöhr.“

Zu den ersten, die am Unglücksort eintrafen, gehörten Rettungskräfte aus Mülheim. Seit zehn Uhr am Samstagmorgen stand ein Patiententransportzug bereit, berichtet Sven Werner, stellvertretender Leiter der Mülheimer Berufsfeuerwehr. Hierzu zählen u. a. vier Rettungswagen, zwei davon mit Notärzten besetzt, und vier Krankenwagen. Stationiert waren sie auf einem Parkplatz an der Uni Duisburg. Als das Unglück am Tunnel gemeldet wurde, fuhren diese Einsatzkräfte sofort hin. Wenig später wurden weitere Bereitschaftsleute aus Mülheim nach Duisburg geschickt.

Insgesamt waren nach Angaben der Feuerwehr 121 Helfer aus Mülheim im Einsatz, längst nicht nur professionelle und freiwillige Feuerwehrleute, sondern auch Ehrenamtliche von Rotem Kreuz, Johannitern und Maltesern. Zudem sei der Mülheimer Hauptbahnhof regelmäßig von der Feuerwehr kontrolliert worden, ob eventuell Verletzte dort ankommen. Was aber nicht geschah.

Die letzten Rettungskräfte, so Werner, seien erst gegen 2.15 Uhr in der Nacht zurückgekehrt. Manche waren von dem Erlebten stark mitgenommen: „Selbst sehr erfahrene Feuerwehrkollegen haben gesagt, es war eine extreme Situation.“ Weil so viele Betroffene betreut werden mussten, nicht nur medizinisch. Auch eine Reihe von Notfallseelsorgern aus Mülheim waren alarmiert, die Feuerwehr spricht von 13 Kräften. Die meisten sind evangelische Geistliche.

Notfallseelsorger kamen mit Blaulicht

Im Mannschaftswagen, mit Blaulicht und Martinshorn, wurden sie nach Duisburg gebracht, um auf den Behandlungsplätzen Beistand zu leisten. Auch der Koordinator der Notfallseelsorge des Kirchenkreises war vor Ort: Guido Möller, Pastor am Evangelischen Krankenhaus.

Er spricht von „Fassungslosigkeit“, die er in den Gesichtern viele junger Loveparade-Besucher las. „Ganz behutsam“ habe man Betroffene angesprochen, „manche stellten sich auch die Schuldfrage: Hätte ich mich anders, besser verhalten können?“ Vielen habe man die psychische Belastung angemerkt: „Wir sagen ihnen, dass Reaktionen wie Zittern oder übermäßiges Rauchen in so einer Situation ganz normal sind.“

Wenn es ging, wurden Leute auch nach Hause begleitet. Pastor Möller war sogar am Sonntag noch damit beschäftigt, Betroffene anzurufen: „Bei einigen fahre ich auch persönlich vorbei.“