Seit nahezu 40 Jahren lebt Manuel Moreno auf dem Rennbahngelände am Raffelberg. Wohl nicht mehr lange. Der Rennverein kündigte dem früheren Mitarbeiter die Wohnung, seine Klage dagegen war bislang erfolglos.
Eine lange Geschichte geht ihrem Ende zu: 1971 heuerte der Junge aus Andalusien auf der Pferdebahn an. Zuletzt war er als „eine Art Verwalter“ tätig, bis der Mülheimer Rennverein Raffelberg (MRR) in wirtschaftliche Nöte geriet und 2004 nicht nur Moreno entließ. Dieser blieb jedoch auf rund 75 Quadratmetern im hinteren Teil des Verwaltungsgebäudes wohnen, inzwischen gemeinsam mit seiner Mutter. Sie ist 92 Jahre alt, schwer dement und pflegebedürftig.
2007 kündigte der Rennverein den Mietvertrag und meldete „Eigenbedarf“ an. Mitarbeiter des Trainers Werner Baltromei sollten einziehen. Moreno zweifelt an dieser Begründung und ging den juristischen Weg. „Für die schwer pflegebedürftige Frau“, ergänzt sein Anwalt Jens Hermanns, „wäre ein Auszug eine Härte.“ In erster und zweiter Instanz verloren sie jedoch, das Berufungsverfahren vor dem Landgericht Duisburg läuft noch.
Nach Angaben des Rennvereins wohnen zur Zeit etwa zehn Mitarbeiter auf dem Gelände. Für seine Wohnung im stark renovierungsbedürftigen Gebäude zahlt Moreno , wie er sagt, 296 Euro im Monat. Warm. Dafür habe er stets alles Nötige selbst repariert, was er nun aber nicht mehr tue. Der 56-Jährige zeigt Schäden, die er dem MRR mehrfach gemeldet habe, ohne dass sie behoben worden seien: zerbrochene Scheiben in der Haustür, die sich nicht mehr schließen lässt, Wasserflecken in der Küche.
Auf der anderen Seite des Gebäudes wohnte ein Arbeitskollege, dem ebenfalls gekündigt wurde. Vor etwa einem Jahr zog er aus, seitdem stehe die Wohnung leer, sagen Moreno und sein Anwalt. Um zu dokumentieren, dass dieser Gebäudeteil „offensichtlich nicht bewohnt ist“, hat Hermanns Mitte Juli aktuelle Fotos an das Duisburger Landgericht gesendet, die u.a. den verwilderten Garten zeigen, ein eingestürztes Vordach – und dass der Name der Vormieter noch am Briefkasten stehe. Es bestehe der Verdacht, heißt es in dem Schreiben, dass Alt-Mieter herausgedrängt werden sollten, um das Gebäude anderweitig zu nutzen oder abzureißen.
Am vergangenen Freitag allerdings sah Moreno nach eigenen Worten erstmals wieder Leute in der verlassenen Wohnung. Die WAZ hatte tags zuvor eine Mail mit der Bitte um ein Gespräch an das Präsidium des Rennvereins gesendet, wo telefonisch niemand erreichbar war. Eine Antwort kam, nach erneuter Nachfrage, am 21. Juli: Ralf H. Schmitz, der sowohl Geschäftsführer als auch Präsidiumsmitglied des MRR ist (und zugleich Präsident des benachbarten Golfclubs Raffelberg, siehe auch Bericht auf Seite 1) erklärte per Telefon: Es handele sich um ein schwebendes Verfahren, daher könne er zur Sache selber nichts sagen. Allerdings seien auf der Rennbahn „zwei erfolgreiche große Trainer“ tätig, „und diese benötigen unbedingt Wohnraum für ihre Mitarbeiter – Stallpersonal, Pferdepfleger... Dafür waren die Wohnungen auch immer bestimmt.“
Manuel Moreno glaubt nicht, dass er und seine Mutter noch lange an der Akazienallee 82 wohnen bleiben können. Er erwägt nun sogar, nach Spanien zurückzukehren: In Huelva besitze seine Mutter nämlich ein kleines Häuschen. Den Umzug könne er mit der alten, kranken Frau aber nicht alleine bewältigen, auch aus finanziellen Gründen, erklärt der immer noch arbeitslose Mann. „Das kostet mindestens 2000 Euro. Eine Entschädigung durch den Rennverein wäre eine gute Sache.“