In die aufmerksame Stille der Buchhandlung Fehst schlug während der Lesung die alte Hängeuhr. Am Dienstagabend lasen fünf junge Autoren der Mülheimer Literaturzeitschrift „Richtungsding“.

Mit dabei waren Julia Sandforth, Manon Hopf, Fabian Wolbring, Jan Silvester Rynio, Stephan Herms. Einige von ihnen machen mit beim Kunstprojekt „2 - 3 Straßen“. Sie brachten unterschiedlichste Texte mit.

Einfühlsam. Sandforth schilderte mit ruhiger Stimme und einfühlsamer Beobachtung alltägliche Momente aus einer Zweierbeziehung: Das Du, ein kleines Mädchen, und das Ich, eine nicht besonders sicher im Leben stehende Großcousine, klettern auf Bäume und gehen auf kindliche Entdeckungsreise, obwohl dem Ich vor lauter Erwachsenensorgen „die Hände kribbeln“.

Erzählexperiment. Wolbring nahm uns mit auf eine Tour de force. Er fragt zuerst: Welches Fantasiewesen leidet mehr: das Nöhl oder die Jaulwinde? Später geht er weg von den Textinhalten und analysiert im Zwiegespräch mit den Zuhörern den Textaufbau bis zum sprichwörtlichen Gehtnichtmehr, also bis der Kopf des Vortragenden durch einen Systemfehler ausfällt.

Der Welt entrückt. Jan Silvester Rynio hatte beim Lesen über den Verlust eines Menschen hörbar einen Kloß im Hals. Das war echt.

Nachdenklich. Stephan Hermsen fragte sich in seinem Text, wenn er an jenem Tag im Plattenladen Chris Rea statt Bruce Springsteen gekauft hätte, ob er dann „mehr geflirtet als gegrübelt“ hätte.

Poetisch. Tommy Finke sang und spielte mit Gitarre und Harmonika poetische Songs: „Ich bin die Bratwurst auf dem Grill des Lebens, keiner dreht mich um!“

„Authentisch“ fanden die 30 Zuhörer das Dargebotene. Ihr Applaus belegte, dass es sie bewegte, wie die Autoren „auf ihre ganz eigene Weise sprechen.“ Das erfordere nicht nur Können, sondern auch Mut. Und ihre „Riesenportion Humor“ zeichne ein „Mut machendes Gegenbild zur Nullbock-Gesellschaft, von der man immer hört.“

Während es draußen dunkel wurde, schaffte der volle, einladend gelb erleuchtete Buchladen eine Wohnzimmeratmosphäre, sehr intim. Von diesen jungen Autoren oder diesem stilvollen Ort gerne mehr.