Mülheim. .

Frisörmeister Rudi Schmidtchen stehen die Haare zu Berge. Sein Salon verliert sich seit Monaten hinter einer Großbaustelle. Jetzt klagt der Geschäftsmann über unsensible Baufirmen - und massive Umsatzeinbußen.

Wenn Rudi Schmidtchen zum Beweis sein digitales Fotoarchiv bemüht, sieht der Betrachter nichts außer: Bagger und Laster. Verdeckt dahinter: ein Haus, Schmidtchens Arbeitsstätte, sein Frisörsalon an der Aktien-, Ecke Sandstraße.

Dem Selbstständigen stehen momentan die Haare zu Berge, so haarsträubend findet er das, was die Baufirmen seit Monaten vor seiner Eingangstür treiben. „Seit Mooo-na-ten“ sei er nun stark beeinträchtigt, klagt der Geschäftsmann. Dabei, so der 63-Jährige, habe er grundsätzlich nichts gegen Bauarbeiten. Die müssten ja sein, wie zuletzt die am Kanal. Aber die Art und Weise, wie hier an der Aktienstraße, wo jetzt noch die MVG neue Gleise legen lässt, gewerkelt werde, sei einfach nur: „unsensibel“.

Erreichbarkeit des Salons gerade für ältere Kunden eingeschränkt

„Sehr oft haben die ihr schweres Gerät bis zu zwei Meter vor meinen Eingangsbereich geparkt. Ein 7,5-Tonner stand da mal einen ganzen Tag rum, ein Bagger auch.“ Schmidtchen hat viele ältere Kunden, die Erreichbarkeit seines Salons sei eingeschränkt. Die Baustelle habe ihn schon jetzt so viel Umsatz gekostet, dass er sich Sorgen machen müsse. Schließlich werde er noch Monate in der Baustelle leben müssen. Gerade erst habe er eine Auszubildende als Gesellin übernommen, eigentlich sei momentan gar keine Arbeit für sie da. Aber er könne sie doch nicht einfach vor die Tür setzen, weil da draußen Baufirmen ihr Geld verdienten, ohne Rücksicht auf die Verluste anderer.

Mehrfach, so Schmidtchen, habe er Mitarbeiter der Baufirmen darum gebeten, sich im Bereich seines Salons sensibel zu verhalten. „Manchmal musste ich mich anschimpfen lassen.“ Böse Worte seien da mitunter gefallen. Einmal habe er sich gar so bedroht gefühlt, dass er die Polizei zur Hilfe gerufen habe. Doch die habe lediglich ihn gemaßregelt. „Stellen Sie doch erst mal ihren Werbereiter zur Seite!“ Wie bitte?, fragt der Frisör. Das Schild sei überhaupt noch das einzige, was auf die Existenz seines Ladens hinter dem Baustellengerät hindeute.

Mehrere Beschwerden bei der Stadt eingegangen

„Diese Firmen verdienen an dem Auftrag, warum auf meine und die Kosten der anderen Läden hier?“, fragt sich der 63-Jährige. Schmidtchen klagt über mangelhafte Baustellenorganisation. Tagelang stünden Fahrzeuge vor seiner Tür herum, ohne dass sie im Einsatz seien. Im Laden sei es kaum auszuhalten vor Lärm. Immer wieder komme es zu Hupkonzerten und Geschrei, „weil die Maschinen so kreuz und quer stehen“. Schmidtchen spricht von einer „wilden Baustelle“.

So weit mag Stadtsprecher Volker Wiebels nicht gehen. Sein Hinweis aber, dass bei der Stadt schon mehrere Beschwerden angekommen seien und dem städtischen Baustellenmanagement die Baustelle „nicht unbekannt“ sei, lässt ahnen, dass auch die Stadt die Bauausführung nicht als optimal erachtet. Wiebels betonte allerdings, dass man nicht direkten Einfluss auf die Baufirmen nehmen könne. Es sei keine Baustelle der Stadt.

Bauherrin nach dem Abschluss der Kanalarbeiten ist nun die MVG. Seit wenigen Tagen lässt sie ihre Baustelle für die Gleis- und Haltestellenerneuerung einrichten. MVG-Sprecher Nils Hoffmann kündigte an, dass die Baustellenleitung aus seinem Haus das Gespräch mit Anliegern und Baufirmen suchen werde.