Mülheim/Düsseldorf. .
Die Dümptenerin Hannelore Kraft wurde am Mittwoch zur ersten Ministerpräsidentin Nordrhein-Westfalens gewählt. wir haben Stationen aus dem Leben und Eindrücke von der „ersten Frau im Land“ zusammengestellt.
„Wenn mir früher einer gesagt hätte, ich mache eines Tages Politik als Beruf, hätte ich ihn ausgelacht“, sagte Hannelore Kraft einmal in einem Interview mit der WAZ-Lokalredaktion. Und wenn er nach der Ministerpräsidentin gefragt hätte? Am Mittwoch, 14. Juli, wurde Hannelore Kraft zur Ministerpräsidentin gewählt. Wir haben Stationen aus ihrem Leben und Eindrücke von ihrem Wirken zusammengestellt.
Der Ortsverein. Einer, der auf der Tribüne im Landtag sitzen wird, ist ihr Ortsvereinsvorsitzender Konstantin Körner von der SPD-Stadtmitte. „Ich fiebere mit ihr und bin auch etwas stolz darauf, dass es eine Mülheimerin schafft.“ Was ist sie aus seiner Sicht für ein Mensch? „Vor allem ist sie bodenständig. Lebt mit der Familie und ihrer Mutter in Dümpten, geht dort mit dem Hund spazieren, macht Urlaub im Sauerland. Sie hat sich nie versteckt.“ Als hartnäckig und durchsetzungsstark beschreibt Körner sie, aber auch als einen sehr emotionalen und herzlichen Menschen.
Auf der Kanzel. Halten Sie eine Predigt, wurde sie aufgefordert und trat in der Petrikirche auf die Kanzel. Ein Spruch aus dem Markus-Evangelium wählt sie: „Ich bin gekommen, um die Sünder zu rufen und nicht die Gerechten“. Dann spricht sie über Schulabsteiger, über zu wenige Aufsteiger, über Ungerechtigkeit in Schule und Beruf und fragt die Gemeinde: „Richten wir uns zu sehr auf die Starken aus?“
Bei den Frauen. Das sind stressfreie Termine für sie. Ein Pfarrsaal in Mülheim, herzliches Umarmen, hinten sind Schnittchen aufgetischt, ihre Mutter sitzt irgendwo mittendrin und hört zu, wie die Tochter Hannelore über das Auseinanderdriften der Gesellschaft klagt – ihr Dauerthema, über Dumpinglöhne, über nötige massive Investitionen in die Bildung. „Ich weiß, was es heißt, mit Bafög-Schulden ins Berufsleben zu starten.“ Sie erzählt in Mülheim öfters von einem Gespräch mit einem jungen Hochschulabsolventen, der mit Einser-Abschluss keinen Job findet, sich von Praktikum zu Praktikum hangelt. „Wie und wann soll so einer mal eine Familie gründen?“ Das besorgt sie.
Der Parteivorsitzende. Frank Esser kennt sie gut, sie telefonieren regelmäßig. Ihre Politiker-Karriere nennt er einzigartig. Nicht, weil sie es als Seiteneinsteigerin nach ganz oben geschafft habe, sondern sich einen unverstellten Blick auf das Leben bewahrt habe, was längst nicht jeder Politiker schaffe. Ihre Arbeitsweise nennt er sehr ergebnisorientiert. „Sie macht Politik aus dem Erlebten, dem Erfahrenen heraus“.
Im Privaten. Sie hebt immer wieder die Kraft der Familie hervor. Ihr Rückhalt. Sie zieht Kraft aus Gesprächen: morgens mit einem Konzern-Manager, mittags an der Mülheimer Tafel, wo Menschen zusammenkommen, die keinen Cent verdienen. Beides empfindet sie als Bereicherung.
Die Gegenspielerin. Im Wahlkampf stand ihr Dr. Karin Kückelhaus, CDU, gegenüber. „Ich empfinde sie als ungeduldig, wenig souverän, keineswegs staatsmännisch.“ Mit den vielen Versprechungen, glaubt Karin Kückelhaus, werde Kraft allen neue Probleme bereiten. „Ich wünsche ihr dennoch alles Gute und Erfolg.“
Beim Spiel. Mit Freunden spielt sie am liebsten Doppelkopf, noch lieber Activity – also Begriffe erklären ohne Worte, nur mit Gesten. Nicht immer einfach. Zum Beispiel: Ministerpräsidentin.