Gudrun Gohla unterstützt als Patin eine Familie in Botosani. Jetzt war sie zum ersten Mal selbst vor Ort
Untergewichtige Kinder, verdreckte, heruntergekommene Treppenhäuser, verschmutzte Toiletten auf der Etage. Gudrun Gohla war schockiert. Seit Jahren unterstützt die Mülheimerin als Patin eine zehnköpfige Familie im rumänischen Botosani. Jetzt war sie zum ersten Mal selbst vor Ort, um sich ein Bild in der Stadt im Nordosten Rumäniens zu machen. Sie war zum einen geschockt. Und hat zum anderen eine Vision entwickelt: „Die Unterstützung aus Deutschland muss ausgebaut werden.”
Das Missionswerk Osteuropa „Er bleibt treu” (Sitz: Wermelskirchen) gründete sich 1989, um anfangs vor allem Hilfsgütertransporte in die damaligen Ostblockländer zu finanzieren. Daraus entwickelte sich eine Kantine, in der Kinder täglich ein warmes Essen bekommen, sowie Unterstützung bei der medizinischen Versorgung. Durch eine zufällige Bekanntschaft stieß Gohla vor Jahren auf diese Arbeit. Seit 2005 hat sie eine Patenschaft übernommen.
Von Anfang an hatte sie das kleine Missionswerk berührt: „Die Bindung ist so unglaublich eng.” Der Kontakt zu den Familien vor Ort ist intensiv. Die Mitarbeiterin im Ort sorgt dafür, dass die deutschen Paten über „ihre” Kinder informiert werden, Fotos bekommt: „Ich wusste immer, dass die Hilfe ankommt.” Jetzt hat sie sich vor Ort umgeschaut, hat in der Kantine gearbeitet, mit Kindern gemalt.
Und nicht nur einmal hat sie verzweifelt den Kopf geschüttelt: „Einige Kinder kriegen nichts zu essen. Die bekommen nur einmal am Tag in der Kantine was und schaufeln dann drei Teller in sich rein.”
Viele Familien, deren Kinder ein Essen in der Kantine bekommen, hat sie besucht. Die persönlichen Schicksale waren es, die sie anrührten. Sie traf auf eine Frau, die für die neugeborenen Zwillinge keine Windeln kaufen kann, ein junges Mädchen, die sich nichts sehnlicher als eine Gitarre wünscht, eine Familie, die die Kündigung fürchten muss, weil sie die Nebenkosten nicht bezahlen kann.
Ihr Mann und ihre vier Kinder unterstützen Gudrun Gohla, Rumänien ist immer im Hinterkopf: Wenn die Kleider der Kinder zu klein werden, kommen sie nach Rumänien. Wenn aus dem Bekanntenkreis jemand ein Möbelstück abzugeben hat, ist Gudrun Gohla, die zur Brüdergemeinde in Dümpten gehört, da, und holt es ab. Damit es beim nächsten Transport mit nach Rumänien gehen kann. „Rumänien ist so nah. Aber wir können uns nicht vorstellen, welche Armut dort herrscht.”
Und so wird sie kreativ, um möglichst viel helfen zu können. Mal fragt sie an der Grundschule Schildberg, ob Kinder beim Wechsel auf die weiterführende Schule ihre alten Ranzen abgeben, mal stellt sie das Projekt in Gruppen vor, bittet anschließend um Spenden. Und so hofft Gohla, dass sich weitere Menschen in Mülheim finden, die das Projekt unterstützen. Finanziell, oder möglicherweise auch durch eine kostenlos zur Verfügung gestellte ungenutzte Garage in Mülheim. Das wäre ihr Traum: „Dann könnte ich bis zum nächsten Transport mehr Möbel zwischenlagern.” Die Kapazität der eigenen Garage ist ausgeschöpft. Den nächste Sattelschlepper schickt das Missionswerk im Sommer auf die Reise. Und Gudrun Gohla wird vorher wieder viel Zeit investieren, um den Familien in Rumänien eine Freude im grauen Alltag zu ermöglichen.