Die Unternehmen bleiben bei ihrer Kritik am Sparkonzept, das die Stadtspitze vorgelegt hat.

Kein Konzept, kein roter Faden, ein Steuererhöhungspaket sei dies in erster Linie, kritisierte Hans-Peter Windfeder, Vorstandsvorsitzender des Unternehmerverbandes der Mülheimer Wirtschaftsvereinigung, gestern Abend beim Unternehmertag 2010.

Mit der CDU, der FDP und der MBI ist der Unternehmerverband der Ansicht, dass die Stadtverwaltung ihr Vorschlagspaket noch einmal überarbeiten sollte. Ein deutliches Nein kommt von Windfeder zu den geplanten Steuererhöhungen, auch wenn immer mehr Kommunen im Land sich für diesen Weg entscheiden. 60 Prozent des Sparpakets in Mülheim bestehen aus Erhöhungen für Unternehmen und Bürger. Allein 50 Prozent mehr Einnahmen sollen über eine höhere Gewerbe- und eine höhere Grundsteuer erzielt werden.

Schon heute, beklagen die Unternehmen, müssten sie im landesweiten Vergleich einen sehr hohen Satz von 470 Prozentpunkten bei der Gewerbesteuer schultern. Sollte der Satz wie geplant auf 530 Punkte steigen, läge man bundesweit auf einem Spitzenplatz. „Das wäre ein katastrophales Signal an alle, die sich ansiedeln wollen“, warnt Windfeder.

Verantwortung für eine Stadt zu übernehmen, so der Vorsitzende, bedeute zu sparen und nicht alles teurer zu machen. Er fordert die Stadtspitze erneut auf, über das Personal nachzudenken, womit nicht gemeint sei, die Menschen gleich auf die Straße zu setzen. Er macht einen Vergleich: Ein Unternehmen mit 3000 Beschäftigten, das kurz vor der Insolvenz stehe und dann wie die Stadt lediglich 180 Arbeitsplätze aufgeben wolle, dem würde man sagen: „Das rettet dich nicht.“

Effizienzsteigerung ist für die heimische Wirtschaft ein entscheidender Schlüssel zum Erfolg, auch für eine Stadt. Die Zusammenarbeit mit den Kommunen, immer wieder gefordert, könne dabei ein entscheidender Schritt sein.

Lob gibt es dann aber doch noch für die Oberbürgermeisterin und ihre Dezernenten: Ihr Einsatz beim städteübergreifenden Bündnis „Raus aus den Schulden“ wird von der Wirtschaft ausdrücklich begrüßt und unterstützt. Auch der Unternehmerverband hält eine andere Finanzausstattung der Kommunen für überfällig.

Damit ist er auf einer Linie mit Dr. Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes. Grundlegende Reformen mahnt er an: Entweder müssten die Einnahmen der Städte hoch oder die Ausgaben runter gehen. In der jetzigen Form mit den immensen Soziallasten sei eine Sanierung der Haushalte nicht möglich. „Zwei Drittel des Haushaltes geben wir für Soziales aus.“ Ein Spitzenplatz auf der Welt. Auch das sei auf Dauer nicht mehr leistbar. Wer soll es bezahlen?

Landsberg plädiert für eine Ausweitung der Gewerbesteuer, für einen höheren Anteil der Kommunen an der Umsatzsteuer und für einen Abbau der unsinnigen Ausnahmen bei der Mehrwertsteuer sowie für die stets versprochene Lichtung der Bürokratie.

Vieles von dem, was die Städte leisteten, ist für den Städte- und Gemeindebund eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und müsste daher komplett anders verteilt werden. Die Kosten für die Unterkunft von Hartz IV-Empfängern, die Eingliederungshilfen für Behinderte und die armutsfesten Rente hätten alle zu tragen.

Und um die Sozialhaushalte zu entlasten, hält Landsberg auch die längere Lebensarbeitszeit für unverzichtbar. „Bei dem durchschnittlichen Renteneintrittsalter in Deutschland hat man den Eindruck, das Land besteht nur aus Dachdeckern.“