Der Anfang war nicht leicht. Olivia Lindisch verlor ihren Arbeitsplatz, als die Firma pleite ging, und schaffte es nach der Geburt ihres zweiten Kindes nicht, wieder im Job Fuß zu fassen. Doch statt zu resignieren, sah sie die Situation als Chance zum Neustart.

Vor gut einem Jahr gründete sie die Heimwerkerfirma „Fraugemacht“. Und ist damit mittlerweile so erfolgreich, dass sie nun den Unternehmerinnenbrief, eine NRW-weite Auszeichnung für Geschäftsfrauen, bekam. Zu „vielleicht 70 Prozent“ war die Arbeitswoche der 31-Jährigen ausgelastet, sagte sie im November. Damals stellte die WAZ die Mülheimerin mit ihrer Geschäftsidee vor. Zunächst bestand die Kundschaft vor allem aus Seniorinnen.

Heute kommt Olivia Lindisch mit dem Werken in Wohnungen, mit der Geschäftsverwaltung und mit ihrem „Job“ als Mutter locker auf einen 24-Stunden-Tag. „Die Aufträge wurden schnell immer mehr“, sagt sie, selbst immer noch ein wenig erstaunt über den immens großen Bedarf nach einem Heimwerkerservice von und für Frauen. „Wenn es sich weiter so entwickelt, kann ich Mitte nächsten Jahres gut davon leben“, sagte Olivia Lindisch im November. Heute ist der Wunsch erfüllt. „Fraugemacht“ hat sich zur Marke entwickelt.

„Davon leben können“, das war für Olivia Lindisch zunächst das wichtigste Ziel. Schließlich lebt die Saarnerin nicht für sich. Ihre Kinder sind zwei und acht Jahre alt, ihr Mann ist ebenfalls in Vollzeit tätig. „Zum Glück können wir uns gut aufteilen.“ Am perfekten Zeitmanagement führt kein Weg vorbei. Dass ihr Leben einmal so aussehen könnte, hätte sich Olivia Lindisch im Januar letzten Jahres noch nicht träumen lassen.

Damals begann der Traum von der Selbstständigkeit langsam – mit der ersten Gründerinnenwerkstatt des Startcenters NRW, angesiedelt bei der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Mülheim und Business, die Olivia Lindisch gestern auch den Unternehmerinnenbrief verlieh.

Nach der Ausbildung zur Industriemechanikerin, Anstellung bei der Bahn und Vorstandsassistenz bei einem IT-Dienstleister stand für die Mülheimerin die Frage „Was kann ich wirklich gut?“ am Anfang ihres Geschäftskonzepts. Schnell fiel ihr ein, dass ihr handwerkliches Geschick schon immer besonders gefragt gewesen war. Dazu kam die Idee von einem Dienst speziell für Frauen. Bis Olivia Lindisch zum ersten Mal mit Werkzeugkasten auf der Matte stehen konnte, mussten jedoch noch einige Hürden überwunden werden. Denn die Banken wollten ihr nicht helfen. Die Gründerin gab nicht auf, kratzte zusammen, was irgendwie ging.

Mittlerweile bekommt sie Aufträge von Kunden aller Art, nach wie vor richtet sich das Angebot besonders an Frauen, Senioren und Hilfsbedürftige. Eine Malermeisterin hat Olivia Lindisch schon eingestellt, sucht nun eine Expertin für Heizung und Sanitär. Den Unternehmerinnenbrief betrachtet sie auch als Chance zur weiteren Expansion.

Obwohl der Stress oft groß ist, macht der Gründerin ihr Job weiterhin Spaß. Allen Frauen, die sich selbstständig machen wollen, rät sie, auch bei Rückschlägen bloß nicht locker zu lassen. „Man muss an sich glauben. Und sich auch einen Ausgleich schaffen.“ Olivia Lindisch macht dieses Jahr seit langem mal wieder Urlaub – mit Familie, ohne Terminkalender.