Was die Landeshauptstadt Düsseldorf mit dem millionenschweren Verkauf von RWE-Aktien und Mehrheitsanteilen am bis dato kommunalen Stadtwerk 2007 geschafft hat, nämlich schuldenfrei zu sein, käme im strukturell unterfinanzierten Mülheim einzig einem Strohfeuer gleich.

So zählt auch die Medl, zu 51 % im Besitz der städtischen Beteiligungsholding, zu den „Heiligen Kühen“, die die Stadt nicht zum Zweck der Haushaltskonsolidierung opfern wird.

Das hat einen sehr pragmatischen Hintergrund: Die Medl hilft dem Konzern Stadt mit ihren Jahresgewinnen, aber auch durch einen Steuerkniff dabei, riesige Löcher an anderer Stelle zu stopfen. So ist die Medl seit 2002 zu 94 % Anteilseignerin der hoch defizitären Mülheimer Verkehrsgesellschaft – und gleicht das dicke Minus im Betrieb von Straßen- und U-Bahnen sowie von Bussen aus. Im aktuellsten Geschäftsbericht der Medl von 2008 sind das satte 24,9 Mio Euro. Da die Medl trotz bestem Ergebnis in ihrer noch jungen Geschichte (14,1 Mio Euro) allein so viel Gewinn nicht erwirtschaften konnte, schoss die städtische Beteiligungsholding regelmäßig zusätzliche Millionen aus den Dividendenerträgen der städtischen RWE-Aktien zu.

Zum Steuerkniff: Weil durch die Besitzverhältnisse Medl-Gewinn und MVG-Minus steuerlich verrechnet werden können, spart die Stadt jährlich rund 5 Mio Euro – freilich gab der Medl-Geschäftsbericht von 2008 Anlass zur Skepsis, wie rechtssicher das Konstrukt des steuerlichen Querverbunds von Medl und MVG überhaupt ist. Das Finanzamt Mülheim prüfte. Hätte es den sogenannten Ergebnisabführungsvertrag zwischen MVG und Medl für unzulässig erklärt, hätte laut Medl-Geschäftsbericht eine Steuernachzahlung von überschlägig 34 Mio Euro fällig werden können, dazu ist es laut dem Geschäftsführer der Beteiligungsholding, Hendrik Dönnebrink, aber nicht gekommen. Die Holding habe das Vertragswerk in Verhandlungsgesprächen mit der Finanzbehörde erfolgreich verteidigt.

So bleibt der Doppeleffekt: Einerseits tragen die Medl-Gewinne zur Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs bei, andererseits hilft der Querverbund Steuern sparen. Darauf kann Mülheim zurzeit nicht verzichten. Der Verkauf der Medl brächte nur einmalig einen Verkaufserlös, die aktuell ordentliche Rendite der Medl trägt aber jährlich zur Entlastung des Haushaltes bei. Auch das Argument, mit dem Verkauf von Medl und RWE-Aktien den Schuldenstand auf einen Schlag deutlich zu mindern, greift zu kurz. Da die Stadt anders als Düsseldorf permanent mehr verpflichtende Ausgaben hat, als sie einnehmen kann, wäre ein Verkauf der Medl kein Befreiungsschlag.

Bleibt die Frage: Langt die Medl bei ihren Gaskunden unverhältnismäßig zu, um das Defizit im ÖPNV ausgleichen zu können? Medl-Geschäftsführer Hans-Gerd Bachmann weist das strikt zurück. Die Miesen der MVG seien außen vor bei der Preiskalkulation der Gastarife des Hauses. Bachmann: „Warum sollte ich mir eine Laus in den Pelz setzen, wenn die Stadt als Gesellschafterin die Verantwortung trägt?“

Das stets wuchtige Minus der MVG macht die Medl zunehmend unruhig. Sie beklagt, dass ihr Eigenkapital 2008 um 6,5 Mio auf 28,9 Mio Euro gesunken ist, das habe bereits im Jahr 2008 zu „erheblichen Bewertungsabschlägen“ im Rating der Banken geführt. Bedeute: Wolle die Medl in Zukunft Investitionen in (neue) Geschäftsfelder kreditfinanzieren, werde dies teurer. Dönnebrink lässt diese Argumentation nicht gelten. Der Verrechnungstrick sei für die Medl „ein Nullsummenspiel“. Die Beteiligungsholding schieße entsprechend Geld in die Kapitalrücklage nach, wie es zur Deckung des MVG-Fehlbetrages nötig sei. Dass die Kapitaldecke am Ende des Berichtsjahres 2008 kleiner sei, liege nur an zeitlichen Verschiebungen bei der Überweisung der Holding-Gelder. Gleichwohl prüfe man, wie man das Gesamtsystem stabilisieren könne.

Trotzdem: Bei wachsendem Wettbewerbsdruck auf dem Gasmarkt wird die Belastung durch die MVG im Haus von Bachmann kritisch gesehen. Dauerhaft könnte die Medl nicht in der Lage sein, den verlustreichen kommunalen Nahverkehr zu tragen, ohne selbst Schaden zu nehmen. Sie hat eigene Herausforderungen vor der Brust.