Am nächsten Donnerstag werden CDU, Grüne, MBI und wohl auch die Linke das tun, was sie schon immer vorhatten, nur keine Ratsmehrheit dafür besaßen: Rote Karte für den Flughafen. Die Stadt soll den Ausstieg aufzeigen – und vorrechnen.

Ja, es gibt auch jene Momente, wo sie alle sagen: Schön ist es hier oben am Flugplatz. Keiner klagt über Propeller, über hohe Verluste, sie genießen die Fauna und Flora. Ökologische Führungen haben etwas Positives.

Der Alltag auf dem Verkehrslandeplatz aus dem Jahr 1927 ist dagegen bitter, seit jeher. Die einen wollen ihn, die anderen wollen ihn schnell los werden. Nirgendwo in Mülheim schlägt das Emotionsbarometer derart aus wie am Flughafen. Am nächsten Donnerstag werden CDU, Grüne, MBI und wohl auch die Linke das tun, was sie schon immer vorhatten, nur keine Mehrheit dafür besaßen: Rote Karte für den Flughafen. Die Stadt soll den Ausstieg aufzeigen – und vorrechnen.

Essen hat sich bereits politisch von dem Flughafen verabschiedet, und der dritte Gesellschafter, das Land, steckt gerade in Koalitionsverhandlungen mit den Grünen. Da könnte am Ende der Punkt Ausstieg in Mülheim auftauchen. Dann müsste die künftige Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, die ganz andere Sorgen hat, sich auch noch gegen ihren eigenen SPD-Unterbezirk Mülheim wenden: Denn die SPD in Mülheim, allen voran die Oberbürgermeisterin, will seit vielen Jahren einen kleinen Geschäftsflughafen entwickeln. Keinen Regionalflughafen, aber ein Verkehrsangebot schaffen, das die Wirtschaft sich wünscht. Noch ist der SPD, wie auch den Liberalen, jenes Gutachten vom November 2008 in Erinnerung, das die wirtschaftlichen Chancen eines Geschäftsflughafens aufzeigte – mit Gewinnen an Arbeitsplätzen und in den Kassen.

Doch eher siedeln sich dort Wölfe an, als dass es dafür in beiden Städten eine politische Mehrheit geben könnte. Vor wenigen Wochen hat auch noch das Düsseldorfer Verwaltungsgericht dem kleinen Düsenbetrieb der VHM den Aufstieg quasi verboten.

So mal eben aus dem Flughafen aussteigen geht ohnehin nicht. Da gibt es Verträge mit dem Aeroclub bis 2034 und auch mit dem Unternehmen Wüllenkemper. Die entscheidende Frage ist doch, sagt Dr. Hendrik Dönnebrink, Chef der Mülheimer Beteiligungsholding: Was spare ich mit einem Ausstieg? Er warnt davor: Wenn die Flughafen GmbH aufgelöst werden sollte, steht allein die Stadt Mülheim in der Vertragspflicht mit dem Aeroclub. Und wolle man das Mülheimer Unternehmen Wüllenkemper weghaben, wäre auch das eine teure Abfindungs-Angelegenheit. Solange der Aeroclub fliegt, so Dönnebrink, brauche man auch eine Feuerwehr vor Ort, müsse man einen Tower vorhalten. Also am Ende doch keine Ersparnis? Wird der Ausstieg vielleicht sogar noch teurer? Befürchtungen der Art gibt es. Die Stadt wird wohl einen Wirtschaftsprüfer daran setzen.

Es soll in jedem Fall billiger werden, davon sind die Flughafen-Gegner überzeugt. Sie empfinden die nun auch vom Landesrechnungshof kritisierte Höhe der Subventionen als ungeheuerlich: 55 Millionen Euro bis zum Jahr 2034. Und das eigentlich für nichts, findet das Dreierbündnis. Rund eine Million Euro betragen die Löhne für die Beschäftigten der GmbH im Jahr, dazu die Kosten der Infrastruktur. „Mit den rund 190 000 Euro Einnahmen aus Lande- und Startgebühren lässt sich das alles nicht finanzieren“, sagt Waldemar Nowak, Sprecher der Mülheimer Initiative gegen Fluglärm.

Nowak sieht aber den eigentlichen großen Vorteil des Ausstiegs in den sich dann eröffnenden Chancen auf Ansiedlung von zahlreichen Unternehmen. „Wir haben hier eine der besten Flächen weit und breit, quasi mit Autobahnanschluss.“ Heißt: Hier sprudeln Gewerbesteuern.

Keiner steht Schlange

Die SPD, die in der nächsten Woche im Rat erleben darf, wie machtlos sie als stärkste Fraktion in dieser Stadt sein kann, sieht den Vorgang gelassen: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die SPD im Landtag jetzt einem Ausstieg zustimmt“, sagt Fraktionschef Dieter Wiechering. Auch er gibt zu bedenken: Ein schnelles Ende könnte für Mülheim aufgrund der Verträge sehr teuer werden. Und was den Gewerbepark angeht, ist er wie Dönnebrink überzeugt: Es gibt genügend andere freie Flächen in der Stadt für Ansiedlungen, da müsse nicht unbedingt die Frischluftschneise verbaut werden. Überhaupt: Beim angrenzenden Büro- und Gewerbepark an der Brunshofstraße stehe keiner Schlange. Kein Interesse?

So heißt es vielleicht eines Tages: Kein Flieger, kein Gewerbe, nur eine grüne Wiese. Mancher fänd’s gut.