Die Städte sind „altersungeeignet“, sagte Leonhard Kuckart, NRW-Seniorenunion, kürzlich. Wir fragten nach beim WAZ-Leserbeirat: Wie wird die Situation in Mülheim von Senioren beurteilt? Was vermissen die Jungen?
Friedhelm Forst, 70, wünscht sich mehr seniorengerechte Wohnungen in der Stadt, vor allem auch barrierefreies Wohnen für Ältere mit Behinderungen. Es müsste, meint er, auch mehr wohnungsnahe Versorgungsmöglichkeiten geben. Hier und da gäbe es vereinzelt Lebensmittelgeschäfte, die Lieferservice nach Hause anbieten.
Thema Verkehr: Längere Grünphasen an den Fußgängerampeln würden seiner Ansicht nach die Sicherheit für Ältere und auch für junge Mütter mit kleinen Kindern und/oder Kinderwagen erhöhen.
Die Rolltreppen in der Stadt, etwa an den Auf- und Abgängen am Bahnhof, müssten auch sicherer werden: Viele Ältere, so seine Erfahrung, sehen die erste Stufe nicht und müssten auch beim Verlassen der Rolltreppe sehr aufpassen, um nicht zu stolpern. Und wo es Aufzüge und Rolltreppen gibt, sollten diese bei Ausfällen auch schnell repariert werden.
Thema Sicherheit: Mehr Polizeipräsenz wäre an stark frequentierten Orten wie dem Nordausgang am Bahnhof und dem Bereich vor dem Forum, wo es zu den Bahnen und Bussen hinabgeht, für viele Ältere wünschenswert, die sich dort oftmals nicht sicher fühlten. Friedhelm Forst denkt da oft an den guten, alten „Schutzmann“ zurück.
Thema Nahverkehr: Wenn die Fahrpläne des ÖPNV zeitnah auf das Ende kultureller Veranstaltungen abgestimmt wären, meint Friedhelm Forst, hätten auch mehr Senioren ohne Auto die Möglichkeit zur kulturellen Teilhabe. Die Infrastruktur sei zwar gut. Aber die Nutzungsmöglichkeiten nach 19 Uhr wären doch deutlich schlechter.
Robin Kunst, 18, teilt die Meinung zum Nahverkehr in Mülheim. Es gebe zwar, so der Schüler, viele praktische und gute Verbindungen für junge Leute, und abends auch den Nachtexpress. Aber nach 23 Uhr könnten die Busse und Bahnen wirklich häufiger fahren. So sei es schwierig, nach einer Spätvorstellung im Kino vom RheinRuhrZentrum mit dem ÖPNV zurück in die Stadtteile zu kommen. Grundsätzlich wäre es auch schön, ergänzt er, wenn Busse und Bahnen öfter pünktlich einträfen.
Thema Freizeit/Kultur:
Ansprechende Clubs und Diskotheken, weiß Robin Kunst, vermissen viele seiner Altersgenossen in der Stadt. Sportvereine gibt es zwar, aber gewünscht würde auch ein extra auf junge Leute zugeschnittenes Kulturangebot. Etwa eine Theatergruppe, die junge Leute anspricht.
Es fehlten auch eindeutig kulturelle Veranstaltungen in der Stadthalle oder im Theater an der Ruhr, die sich direkt an ein junges Publikum richteten. Es gebe zwar Musikveranstaltungen für jüngere Mülheimer und ab und zu käme auch mal ein Comedian in die Stadt, aber das sei insgesamt noch viel zu selten.
Thema Innenstadt: Für Jüngere ist Mülheims City ausgestorben, fast tot. Es mangele an Treffpunkten für junge Leute: Für diese Zielgruppe gebe es kaum Lokale, um sich dort mit Freunden zu treffen und vielleicht einen kleinen Imbiss einzunehmen. Auch Geschäfte, wo junge Leute gern einkaufen gehen, fehlen in Mülheims City, sagt Robin Kunst. Daher fahren die Jungen lieber nach Essen, ins RheinRuhrZentrum oder nach Oberhausen ins Centro.
Friedhelm Forst (70) und Robin Kunst (18) vertreten im neuen Leserbeirat der WAZ die ältere und die junge Generation. Beide haben sich Gedanken darüber gemacht, was für die jeweilige Altersklasse in der Stadt verbessert werden könnte. Und kommen naturgemäß zu unterschiedlichen Schwerpunkten. Friedhelm Forst ist Ruheständler, kommt aus dem Stahlgroßhandel und ist politisch aktiv in der Seniorenunion. Seine Leidenschaft ist die Europapolitik. Robin Kunst ist Schüler am Gymnasium Heißen. Er liest und schreibt gern und viel, ist politisch interessiert und aktiv bei der Jungen Presse NRW.