Den stillen Beifall dürfte es gestern Nachmittag in der Luisenschule, in der Willy-Brandt-Gesamtschule und am Karl-Ziegler-Gymnasium gegeben haben: Bis Ende 2012 werden die Schulbauten saniert, modernisiert, erweitert.
Dies gehört zum Masterplan „Gute Schule“, der im Jahr 2006 aufgestellt worden ist.
Im Technischen Rathaus unterzeichneten dazu gestern Vertreter der Stadtspitze mit Vertretern des Baukonzerns Strabag und dessen Tochter Züblin AG sowie Vertretern der NRW-Bank und der SEB Bank den Partnerschaftsvertrag. Das bisher größte Öffentliche-Private-Partnerschaft-Projekt (ÖPP) ist damit besiegelt, zugleich aber auch eines der größten Projekte, die die Stadt in den vergangenen Jahrzehnten eingegangen ist.
Rund 176 Millionen Euro wird sich Mülheim die Modernisierung der drei Schulen sowie deren Bewirtschaftung in den nächsten 25 Jahren kosten lassen. Als reine Investitionskosten fallen davon 52 Millionen Euro an. Angesichts der gewaltigen Summen in diesen Krisenzeiten betont Stadtkämmerer Uwe Bonan, dass die Stadt mit diesem ÖPP-Modell unterm Strich 14 Millionen Euro spare. So viel hätte sie mehr ausgeben müssen, hätte sie das Vorhaben selbst gestemmt.
Doch dazu wäre die Kommune augenblicklich überhaupt nicht in der Lage gewesen, auch wenn die Schulen sich in einem zum Teil bedenklichen Zustand befinden. Und nicht nur diese: Insgesamt wird der Sanierungsbedarf an öffentlichen Immobilien auf etwa 300 Millionen Euro geschätzt. Die Schulen machen den größten Teil aus.
Dieses ÖPP-Projekt ist nach dem Bau des Medienhauses am Synagogenplatz das zweite, das die Stadt eingeht. Es wurde lange diskutiert, aber letztlich mit großer Mehrheit von der Politik abgesegnet. Bis zuletzt äußerten lediglich die Mülheimer Bürgerinitiativen (MBI) große Bedenken, obwohl auch sie sagen: Die Schulen müssen erneuert werden. Die MBI wenden sich gegen das Finanzmodell, sehen darin einen Irrweg und eine gefährliche Abhängigkeit vom Partner über 25 Jahre.
Die Zeit ist wahrlich sehr lang, meint auch Dr. Marc Hennemann und vergleicht das ÖPP-Modell mit einer Art Ehe. Die Strabag Real Estate GmbH aus Köln, die bei den Ausschreibungen unter anderem auch gegen einen kommunalen Bieter das Rennen machte, bringt bereits reichlich Erfahrung mit, was städtische Partnerschaften angeht. Sie hat dabei unter anderem ein Behördenzentrum sowie ein Berufskolleg in anderen Städten errichtet. „Wir werden auch in Mülheim“, sagt Hennemann, „an die 70 bis 80 Prozent der Bauleistungen über mittelständische Unternehmen der Region ausführen.“
Die Schulen, darauf legt Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld Wert, werden weit mehr als nur saniert. Sie bekommen mehr als nur dichte Fenster und Dächer und moderne Heizungen. Das Modernisierungsprogramm, so Hennemann, soll in einem „inspirierenden Lernort“ münden, in dem Schüler wie Lehrer „Unterricht genießen können“. Das ÖPP-Modell sei lediglich ein Finanzierungsmodell, abgesegnet durch eine Spezialbehörde der Bezirksregierung, so die OB. Sie warnte davor, dieses Vorgehen in einer Art hysterischen Gegenbewegung zu verdammen. Dagmar Mühlenfeld weist noch einmal darauf hin, dass die Wünsche und Vorstellungen der Schulgemeinden in die Projektplanung eingeflossen sind.
Die Züblin AG will zügig mit der Baurealisierung starten, am Karl-Ziegler-Gymnasium geht es im Juli los. Im Dezember wird der Baubeginn an der Willy-Brandt-Schule erfolgen, im Januar an der Luisenschule.
Fester Bestandteil der Verträge sind auch Bewirtschaftungsleistungen der drei Schulen und der angrenzenden Gemeinschaftsgrundschule Augustastraße in den nächsten 25 Jahren. Die Strabag muss der Kommune im Jahr 2035 eine tadellos gepflegte Schule wieder übergeben oder mit Strafen rechnen. Die Hausmeisterdienste an den Schulen werden dazu ab Juli ebenfalls vom städtischen Partner übernommen, die städtischen Dienstkräfte werden in andere Einrichtungen versetzt. Ein Vorgehen, das ebenfalls von den MBI kritisiert wurde. Die Schulen, heißt es, begäben sich auch damit in eine zu große Abhängigkeit.