Es gibt Mülheimer, die würden ihrer hoch verschuldeten Stadt Geld leihen. Schon beim ersten von drei Bürgerforen zum Etat 2010 kam der Vorschlag auf, dem Vorbild des norddeutschen Städtchens Quickborn zu folgen und eine Bürgeranleihe aufzulegen.

Die Idee: Die Stadt leiht sich ohnehin benötigtes Geld bei ihren Bürgern, aber zu günstigeren Konditionen, als sie es auf dem Kreditmarkt könnte.

Quickborn, eigentlich nur durch seinen Ex-Bürger Mike Krüger bekannt, der 1988 seine „Welthits aus Quickborn“ veröffentlichte, rauscht seit vergangenem Jahr den deutschen Blätterwald rauf und runter, weil es: seine Bürger um Kredit fragte. Ein ungewöhnlicher, neuer Weg der kommunalen Refinanzierung.

In Kooperation mit der BIW-Bank bot Quickborn im März seinen Bürgern zum einen eine Geldanlage mit einer Laufzeit von zwei Jahren und einer Verzinsung von 1,5 % an, um 1 Mio Euro Liquidität zu bekommen. Zum zweiten eine Geldanlage für fünf Jahre zu einem Zins von 2,6 %, um noch einmal 1 Mio bei Bürgern lockerzumachen.

Das Zwei-Jahres-Produkt schlug ein. Schnell war die Million zusammen, die langfristigere Anlage fand kaum Anklang, die Bürger konnten wohl woanders mehr Rendite erzielen. Quickborns Kämmerin Meike Wölfel wertet ihr Projekt dennoch als „erfolgreich“. Die Stadt denke zurzeit über eine Neuauflage nach, um einen Teil der kreditzufinanzierenden 16 Mio Euro für Investitionen in den Neubau einer Regionalschule und zwei Sporthallen zinsgünstiger zusammenzubekommen als am Kreditmarkt.

Dass viele Bürger der 20 000-Einwohner-Stadt Interesse gezeigt haben, ihrem Quickborn Geld zu leihen, erklärt Wölfel mit dem starken Interesse der Bürger an einer lebensfähigen Stadt. „Die Erfahrung hat uns gezeigt, dass nicht allein der Zinssatz ausschlaggebend für die Bürger war, sich zu engagieren. Da kam viel Heimatverbundenheit zum Tragen.“ Kreditgeber aus der Bürgerschaft hätten ihr Geld eingebracht und dabei erzählt, dass sie doch schon seit 30 Jahren am Ort lebten, lange im Fußballverein aktiv seien . . .

Die Rechnung, dass sich eine Bürgeranleihe beiderseits lohnen kann, ist einfach, wenn mehr Zinsen draufgehen für geliehenes Geld (Stadt) als für angelegtes (Bürger) herausspringen. In dieser Spanne zwischen Kredit- und Anlagezins kann eine Stadt ihr Glück suchen. Dabei zu berücksichtigen hat sie noch, dass sie für eine Bürgeranleihe eine Bank zwischenschalten muss, die sich die Abwicklung des Geldgeschäftes bezahlen lässt. So setzt die BIW-Bank der Stadt Quickborn für ihre Dienste 0.15 % der Bürgerkreditsumme sowie jedem teilnehmenden Bürger pro Monat 1 Euro Kontogebühr in Rechnung.

Für Mülheim hält Stadtkämmerer Uwe Bonan diese neu entdeckte Form der Refinanzierung im Augenblick nicht für attraktiv, da die am Markt von der Stadt verlangten Kreditzinsen zurzeit auf einem historischen Tief seien. Kurzfristige Kassenkredite etwa konnte die Stadt gestern tagesaktuell für einen Zins von 1,05 bis 1,07 % bekommen. Ein Sparkassenbrief mit einjähriger Laufzeit bringt momentan 1 %. Ähnlich marginal ist die Spanne bei zweijähriger Laufzeit. Die Kosten für die zwischengeschaltete Bank berücksichtigt, ließe sich so kein attraktives Angebot für die Bürger machen, so Bonan.

Die Zeit für eine Bürgeranleihe könne aber kommen – etwa wenn sich die Zinsen wieder auf das Niveau von 2008/09 bewegten. Da musste die Stadt für kurzfristige Kassenkredite nahezu 5 % Zinsen berappen – vielleicht hätte sie das Geld vom Bürger günstiger bekommen.