Maria Jantke feierte im Kreis ihrer Familie ihren 107. Geburtstag
Vielleicht das Geheimrezept für ein langes Leben: „Ich bin ein freudiger Mensch und gern unter Leuten”, sagt Maria Jantke. 107 Jahre alt ist sie am Sonntag geworden – und damit die älteste Bürgerin Mülheims. Mit Kindern, Enkeln, Urenkeln, Freunden hat sie gestern in der Cafeteria des Engelbertus-Stiftes gefeiert. Und den Tag als Mittelpunkt ihrer Familie genossen.
Vielleicht ist das Hören und Sehen nicht mehr das beste, doch bis vor zwei Jahren noch führte die Mülheimerin ein selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden der Kreuzstraße 12. „Sie hat immer selbst gekocht – Lieblingsgericht: Gänsebraten mit viel Gemüse, Schinken mit dicken Fettstreifen”, erinnert sich Sohn Rudi Jantke nicht ohne Bewunderung, „einen Arzt brauchte sie nie und zu ihrem Hundertsten wagte sie mit mir noch ein Tänzchen.”
Erst nach einem Unfall war sie auf den Rollstuhl und Pflege angewiesen und musste ins St. Engelbertus-Stift an der Seilerstraße umziehen. Ihrem starken Willen und unerschütterlichen Frohsinn hat das nicht schaden können: „Meine Gesundheit ist das größte Glück”, sagt sie zufrieden. Sänger Heino liebt Maria über alles, und als sie von ihrem bewegten Leben erzählt, stimmt sie augenzwinkernd das Kaiser-Lied an – „Der Kaiser ist ein lieber Mann ...”
Einfach hatte die in Würden gealterte Dame es allerdings nicht gehabt: Auf dem Land in Stadtfelde (Kreis Marienburg, Westpreußen) wuchs sie in einer klassischen Großfamilie mit acht Geschwistern auf. Der Vater war Landarbeiter, „meine Mutter war sehr religiös, streng katholisch”, erinnert sich die Zweitälteste. Alt wurden die Geschwister übrigens alle. In Marienburg ging Maria Jantke später zur Volksschule, lernte Floristin in einer großen Gärtnerei und ist unter Freunden und Verwandten bis heute berüchtigt für ihren grünen Daumen: „Sie kann ein Blatt in einen Topf stecken und es wächst ein Baum daraus”, erzählt ihr Sohn.
Ihren Mann Arthur lernte sie ebenfalls in Marienburg kennen und heiratete den Berufssoldaten im Mai 1927. Drei Kinder (Traute, Hilde und Rudi) brachte sie zur Welt und – als ihr Mann 1939 in den Zweiten Weltkrieg eingezogen wurde – auch über die Runden. Bereits 1932 hatten sie eine Wohnung in Mülheim, elf Jahre später flüchteten sie vor den Bomben zunächst nach Görlitz. Später ging es auf dem Kohlewagen nach Pfarrkirchen. „Ich habe Dresden brennen gesehen”, erzählt ihr jüngster Sohn Rudi bewegt.
Nach dem Krieg ging die Familie zurück zu ihrer Mülheimer Wohnung, wo der Vater nach amerikanischer Gefangenschaft bereits auf sie wartete. An das damals verbotene „Hamstern gehen” bis ins Sauerland erinnert sich die 107-Jährige noch gut. Man tauschte Teppiche gegen Nahrung. Verborgen in Reisekoffern brachte sie die Kartoffeln und Pflaumen nach Hause. Später konnte Arthur Jantke wieder bei der Post mit der Arbeit anfangen.
Maria Jantke verwitwete früh: 1956 schon verstarb ihr Mann Arthur, Maria heiratete nicht mehr. Sie ergriff einen neuen Job und putzte bei Stinnes und dem Möbelhaus von der Heidt, „damit ich wieder unter die Leute kam.”