Ihr Garten ist vielen Senioren heilig. Wie lange aber macht die Gesundheit mit, fragt sich auch Wilhelm Kocks (81). Immerhin erntete er jetzt noch einen riesengroßen Kohlrabi.

„Ich bin Gartenmensch” – Wilhelm Kocks braucht nicht viele Worte, um auszudrücken, wie wertvoll ihm seine Gartenarbeit ist. Jüngst erst schleppte der 81-Jährige von der Zepellinstraße einen seiner geernteten Kohlrabi in die Stadt, um sie von einem Markthändler auf die Waage legen zu lassen, weil die eigene zu Hause der Aufgabe nicht gewachsen war: 2970 Gramm – ein mächtiger Oschi. Nicht der erste Ernteerfolg von Kocks in diesem Jahr. Hoffentlich, so denkt der betagte Senior wohl wie einige seiner Altersgenossen, kann er noch lange seinen grünen Daumen wirken lassen. Die eigenen Knochen sind schließlich nicht mehr so frisch wie das Gemüse, das er anbaut.

Es war das Jahr 1969, da Wilhelm Kocks den Garten hinter seinem Elternhaus übernahm, weil der Vater gestorben war. Kocks, früher als Melker in der Landwirtschaft, später als Hilfsarbeiter in der Friedrich-Wilhelms-Hütte und zuletzt in der alten britischen Kaserne hinter dem Witthausbusch beschäftigt, ist in seine Aufgabe reingewachsen, erzählt, dass er sich sein Wissen in Illustrierten angelesen hat. Heute noch schaut er ab und an in sein üppiges Ratgeber-Archiv, wenn ihn eine Gartenfrage umtreibt. 30 bis 35 Jahre lang reicht das Archiv zurück. „Da muss ich keinen fragen”, sagt der Rentner.

Mit Frühkartoffeln hat Kocks in diesem Jahr angefangen. Erst hat er die Pflanzbeete mit Kalkstickstoff eingedeckt, um das Unkraut zu vernichten und Engerlinge und Schnecken fernzuhalten. Nach drei, vier Wochen Karenzzeit hat er dann gepflanzt – und „es hat sich gelohnt”, sagt der 81-Jährige. Anfang Juli kamen die Kohlrabi-Pflanzen an die Reihe, 30 Stück an der Zahl. Der Ernteertrag, auch hier: schwerwiegend. „Ich weiß nicht”, schmunzelt Kocks, „wo ich die Gabe her habe.” Früher, da haben die Kocks noch viel mehr von ihrer Ernte eingefroren und eingekocht, heute wird weniger angebaut – und noch mehr auch verschenkt. Kocks schmunzelt: „Wenn ich auch kräftig bin, ich futter keine Mengen mehr . . .”

Das Erntejahr 2009 neigt sich dem Ende zu. Außer ein paar Kohlrabis streckt sich nur noch Herbst- und Winterporree aus der Erde. Bald muss Kocks Schnee schippen. „Ob ich das alles noch kann . . . ?” – Große Familien helfen sich noch gegenseitig, sagt der Rentner. Die eigenen Kinder aber wohnen auswärts, da muss er den Garten selbst pflegen, zumal Ehefrau Hilde (78) auch nicht mehr helfen kann.

Die Beete einfach glatt zu ziehen und Rasen zu säen, ist Kocks Sache nicht. „Zu langweilig” sei das, sagt er. Aber er weiß auch, dass seine Gesundheit den Takt bestimmt. Seit zwölf Jahren hat er eine künstliche Herzklappe, sein blutverdünnendes Medikament kann ihn jederzeit außer Gefecht setzen. Rumzurennen, um sich Gartenhilfe zu holen, mag Kocks nicht. Er wüsste auch nicht, wen er fragen sollte, schließlich haben die Nachbarn ihren eigenen Garten, einige sind wie er schon älter. Es kommt, wie es kommt: „Dann muss eben alles liegen bleiben.” Was Kocks so leicht über die Lippen kommt, macht ihn doch nachdenklich. Es ist doch sein Garten. Seit 40 Jahren schon.