Die Klassen sind überschaubar, die Förderungen individuell, die Lehrer engagiert, die Lehrmethoden innovativ, die sozialen Einsätze im Alltag oft enorm – doch was nützt es, die Abstimmung mit den Füßen lässt die Hauptschule immer einsamer werden.
Der Abstieg lässt sich an Zahlen festmachen, nicht an der Leistung. Drei Hauptschulen gibt es noch in Mülheim, die vierte wurde erst vor kurzem dichtgemacht. Und zumindest zwei von den drei Hauptschulen hatten zuletzt Probleme noch eine Eingangsklasse zu bilden. Sind die Tage gezählt?
Blicken wir nach Dümpten. 376 Schüler gehen dort zur Hauptschule. Dass ihre Hauptschule auch Kultur, einen Stil im Umgang miteinander pflege, hebt Ulrike Nixdorf, die Schulleiterin, hervor. Beleidigungen seien undenkbar. „Bei uns gibt es keine Messer, keiner hat Angst, keiner wird bedroht”, sagt sie und bedauert, dass sie jeden Tag gegen das Image ankämpfen müsse. Dabei biete die Hauptschule mehrere Abschlüsse, differenziere breit, arbeite wie keine andere Schulform berufsorientiert, in Dümpten ist gemeinsamer Unterricht von behinderten und nichtbehinderten Schülern erfolgreicher Alltag. Vom Inhalt, den Hauptschule biete, so Ulrike Nixdorf, seien die meisten überzeugt, aber der Name schrecke einfach ab. „Eltern müssen sich ja inzwischen fast schon rechtfertigen, wenn es heißt, ihr Kind besuche eine Hauptschule.”
Auch Jugendliche empfinden den Namen als Belastung. In Dümpten haben sie denn schon darüber nachgedacht, sich einen neuen Namen zu geben: „Schule im Hexbachtal”, fanden sie gut. Der gesellschaftliche Druck auf Eltern, meint Ulrike Nixdorf, die seit 30 Jahren im Geschäft ist, sei permanent gestiegen: Abitur für das Kind, mindestens Realschule, egal, ob es passt. An dem System der Hauptschule, sagt sie, sollte man schon festhalten – unter welchem Dach auch immer.
Blicken wir nach Speldorf, 235 Schüler besuchen dort noch die Hauptschule. Ihre ganze Berufszeit, 35 Jahre, hat Schulleiterin Else-Maria Schmidt-Geerlings an dieser Schulform gearbeitet. Gerne, wie sie betont. Auch sie spricht von einem zermürbenden Kampf gegen das Image, vom Gerede „Restschule”, das Lehrer, Eltern wie Schüler stark belaste. Natürlich gebe es an Hauptschulen auffällige, schwierige Schüler, aber das sei ein kleiner Teil, spricht sie aus Erfahrung und bedauert, dass diese meist für die Schlagzeilen sorgten. „Wer sagt schon, dass die Hauptschulen Vorreiter in Sachen Praktika, Förderunterricht waren?” Schritt für Schritt werde diese Schulform kaputt gemacht, das Ende sei absehbar. „Dabei werden wir für diese Schülerklientel immer diese Art von Schule benötigen: klein, überschaubar, eine Schule, die Kinder an die Hand nimmt, wo jeder jeden kennt.
Der dritte Standort ist Eppinghofen. Auch dort ist vom Kampf gegen das Image die Rede. Schulleiterin Gabriele Klar ist überzeugt, dass viele Eltern gar nicht wissen, was Hauptschulen leisten, gerade in der Berufswahlvorbereitung. „Ich glaube, dass die Hauptschule nach wie bevor eine sehr gute Schule ist”, sagt sie. Und die Perspektive? In Eppinghofen soll an dem Standort die Zukunftsschule entstehen, die Hauptschule wird in ihr aufgehen. Das, was Hauptschule ausmacht, ist Gabriele Klar überzeugt, wird man weiter darin benötigen, auch unter einem anderen, klangvolleren Namen.