Mülheim. Die Duisburger Philharmoniker probten erstmals mit jungen Ensembles für das Kulturhauptstadt-Projekt „interfaces”. Am Ende steht der große Auftritt: Die internationale Musik-Tanz-Theater-Produktion „Looking for Paradise” wird im Juli 2010 im Landschaftspark Duisburg-Nord uraufgeführt.
Bei den internen Proben in Duisburg hat alles noch prima geklappt. Doch jetzt, in der Sporthalle der Gesamtschule Saarn, sind die Mitglieder der Schüler-Bigband vor Aufregung ziemlich von der Rolle. Weil sie mit den kritischen Profis der Duisburger Philharmoniker spielen sollen, und weil ein Violinkonzert von Philip Glass nicht eben zum typischen Bigband-Repertoire gehört. Jedenfalls geht rhythmisch und melodisch nicht viel zusammen.
Deshalb: „Jetzt erst einmal nur alle, die Achtel spielen, und schön laut.” Damit sich die anderen Bandmitglieder an dieser Struktur orientieren können. Dirigent Roland Techet am Pult der Duisburger gibt der Schüler-Formation, die aus den Bigbands von Max-Planck-Gymnasium Meiderich und Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium Marxloh zusammengestellt worden ist, kurze Anweisungen. Präzise, behutsam – und effektiv. Drei, vier Versuche später ist die Anfangsnervosität abgelegt, stimmen die Einsätze der Bläser, stimmen die Tempi. Gut – was noch fehlt, ist der Mut zu mehr Druck beim Spiel, aber der kommt schon mit wachsender (Selbst-)Sicherheit.
Alle haben Lampenfieber
Lampenfieber haben nicht nur die Duisburger Gymnasiasten. Dem Jugendorchester der Musikschule Oberhausen ergeht es kurz drauf nicht viel anders, obwohl die Musik von Philip Glass schon eher auf seiner Linie liegt.
An der Gesamtschule Saarn geht es an diesem Mittwochvormittag um das internationale Twinsprojekt „interfaces” der Kulturhauptstädte Mülheim, Duisburg und Oberhausen, geht es um die internationale Musik-Tanz-Theater-Produktion „Looking for Paradise”, die im Juli 2010 im Landschaftspark Duisburg-Nord uraufgeführt und danach auf der Freilichtbühne Mülheim gezeigt wird.
Klassik trifft Hip-Hop
In der Sporthalle findet die erste gemeinsame Probe der Duisburger Philharmoniker (die in der Endphase von GMD Jonathan Darlington geleitet werden) mit den beteiligten jungen Ensembles aus der Region und aus zwei Partnerstädten statt. Kurze Begrüßung, Vorstellung der Beteiligten, dann beginnen die „DuiPhis” mit Strawinskys „Feuervogel”-Suite, mit dem „Höllentanz”: ein kraftvolles, stark rhythmusbetontes und geradezu „modernes” Stück, das auch den Hörgewohnheiten einer Hip-Hop-Generation entgegenkommen sollte. [Die fertige Produktion wird u.a. auch Hip-Hop und Breakdance umfassen; aber das ist eine andere Geschichte.]
Weiter mit Strawinsky, mit der „Koffermusik”, deren leichter, unbeschwerter Promenaden-Charakter auf das Grundthema der Produktion zu reagieren scheint: „Looking for Paradise” (die Konzeption stammt von dem indischen Regisseur Gracias Devaraj) erzählt von Bewegung, von Migration, von der fortlaufenden Suche nach Werten, Idealen, nach Identität, Glück.
Jugendorchester aus Chile
Während der Promenade begegnen die Philharmoniker, begegnet Strawinsky: einem türkischen Trio aus dem Ruhrgebiet, das mit Ney, Saz und Rahmentrommel für ein erregendes Interludium sorgt; einem blutjungen Quintett aus Mülheims Partnerstadt Zhodino (Weißrussland/Belarus); einer in Köln lebenden Musikerfamilie aus Chile, die im Moment als Platzhalter fungieren. Ihr Part soll später von einem Jugendorchester aus La Ligua/Chile übernommen werden.
Strawinsky, Glass, weissrussische Tänze, Lieder der Ureinwohner Chiles, türkische Rhythmen, der gewaltige Chor (mit jungen Leute aus der Region, aus Zhodino und Kuovola, die in dieser Woche an einem Internationalen Jugendseminar an der Gesamtschule Saarn teilnehmen), der Passagen aus der US-Verfassung singt: All das fügt sich, von dem Komponisten und Folkwang-Professor Matthias Schlothfeldt eingerichtet, schlüssig und unangestrengt zusammen. Und dürfte, auch wenn bislang nur ein „Work in Progress” zu erleben war, über jeden Verdacht eines beliebigen Multikulti-Crossover-Spektakels erhaben sein.
- "Looking for Paradise" ist am 8. und 9. Juli in der Kraftzentrale des Landschaftsparks DU-Nord zu sehen. Am 10. Juli 2010 wird die Produktion auf der Freilichtbühne Mülheim gezeigt.