Mülheim. Das Evangelische Krankenhaus operiert mittlerweile ohne Schnitte an Gallenblase, Blinddarm, Magen und Darm. Darüber informieren Mediziner am kommenden Samstag beim "Treff um 11".
Was der Laie „Schlüsselloch-Chirurgie” nennt, die so genannte Minimal Invasive Chirurgie (MIC), ist vielen Patienten bekannt als Operations-Verfahren der kleinen Schnitte, das seit den 1980er Jahren allmählich die konventionellen OP-Verfahren abzulösen begann. „Das Verfahren ist etabliert”, sagt Prof. Dr. Heinz Jochen Gassel vom Evangelischen Krankenhaus. Sowohl für Eingriffe an der Gallenblase als auch am Blinddarm, an Magen und Darm.
Doch die Chirurgie ist auch in Mülheim schon längst einen Schritt weitergegangen: Inzwischen finden OP-Verfahren, die ohne äußerliche Schnitte auskommen, immer weiter Verbreitung. Prof. Gassel, Chefarzt der Chirurgischen Klinik am EKM, und sein Funktionsoberarzt Dr. Andre´ Spira wenden diese Verfahren bereits seit letztem Sommer an und werden am Samstag, 6. Februar (11 Uhr), in der Patientenveranstaltung „Treff um 11” Interessierte darüber aufklären, für welche Eingriffe und welche Patienten sie geeignet sind.
Keine Narben durch den Verzicht auf Schnitte
NOTES nennen sich diese Verfahren, bei denen etwa eine kranke Gallenblase unter Einsatz spezieller chirurgischer Instrumente durch körpereigene Öffnungen entfernt wird. NOTES steht für „Naturel Orifice Transluminal Endoscopic Surgery”. Erste Eingriffe, so berichtet Gassel, wurden vor etwa zwei Jahren bei weiblichen Patienten durchgeführt, um etwa Gallenblase oder Blinddarm durch die Vagina zu entfernen. Der Verzicht auf einen oder mehrere Schnitte hat den Vorteil, dass die Patientin später keine äußerlichen Narben hat. Ein Verfahren, dass die Chirurgen in Mülheim anfangs durchaus mit Skepsis betrachtet hätten, berichtet Prof. Gassel. Inzwischen aber, sagt er, haben zahlreiche in Deutschland durchgeführte Operationen ergeben, dass die Rate an Komplikationen so gering sei, dass man das Verfahren empfehlen könne.
Das Mülheimer EKM bietet das neue OP-Verfahren für die Gallenblasenentfernung und für die Entfernung von Stücken des Dickdarms bei entzündlichen Dickdarmerkrankungen an. Zwei Methoden werden die Chirurgen Gassel und Spira am kommenden Samstag vorstellen: Die derzeit vier MIC-Schnitte (für die Gallenblase) werden ersetzt durch einen (vergrößerten) Schnitt am Bauchnabel. Das zweite Verfahren funktioniert über die weibliche Vagina für Eingriffe an Gallenblase und Dickdarm – letzteres naturgemäß nur für Patientinnen. Als Zielgruppe sieht Prof. Gassel vor allem Patientinnen, denen es darum geht, keine Schnitte am Bauch zu haben, sowie Patienten, die einer möglichst schonenden Methode den Vorzug geben. Denn ohne die üblichen Bauchschnitte würden sich, erläutert Gassel, die Verweilzeit im Krankenhaus je nach Eingriff um ein bis drei Tage verkürzen und auch der Wundschmerz sei vermindert.
Neue Operationsverfahren
Die Chirurgen werden auch Ausblicke und Visionen über weitere NOTES-Verfahren geben, wie sie hierzulande noch nicht angewendet werden. Eingriffe am Unterbauch sind ja auch über den Weg Mund, Speiseröhre, Magen denkbar. Man benötige für neue OP-Techniken immer auch neue spezielle Instrumente, an deren Entwicklung die Firmen für medizinische Technik mit Hochdruck arbeiteten, berichtet Prof. Gassel. Hierzulande wacht die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie über neue Operationsverfahren, ein eigenes Melderegister kann so die Risiken und Komplikationen abschätzen. „Die beiden Verfahren, die wir in Mülheim anbieten, sind erprobt und von den Fachgesellschaften freigegeben”, betont Professor Heinz Jochen Gassel.