Das Wasserwerk Kahlenberg auf der Schleuseninsel steht am Sonntag dem Publikum für eine Führung offen - ab April sogar regelmäßig. Und den dort produzierten Strom verkauft Besitzer RWE nun exklusiv den Mülheimern.

Das Ruhrgebiet ist berühmt für seine Industriedenkmäler, das bringen 150 Jahre Technikgeschichte so mit sich. Doch längst sind die meisten Schauplätze der Industrialisierung außer Diensten. Zollverein, Nordsternpark und Landschaftspark locken viele Besucher an, produziert wird aber schon lange nichts mehr. Auf der Mülheimer Schleuseninsel ist das anders. Das dortige RWW-Wasserkraftwerk Kahlenberg, Baujahr 1928, ist noch heute in Betrieb und in Zukunft auch für Publikumsführungen geöffnet.

„Spätestens der große Andrang bei den RuhrLights, als das Werk schon einmal geöffnet war, hat uns gezeigt, wie groß das Interesse der Mülheimer ist”, erklärte gestern OB Dagmar Mühlenfeld auf einer Pressekonferenz im angrenzenden Haus Ruhrnatur. Gemeinsam mit Vertretern der Rheinisch-Westfälischen Wasserwerksgesellschaft (RWW) und des Versorgers RWE, den Inhabern des Werks, stellte sie dort die zukünftigen Besichtigungsmöglichkeiten vor. Erstmals am kommenden Sonntag, 7. Februar, soll eine Besuchergruppe die Technik des Kraftwerks erkunden können, sobald das Haus Ruhrnatur nach seiner Renovierung wieder eröffnet wird, sollen Werks-Führungen regelmäßig auf dem Veranstaltungskalender stehen.

Große und kleine Themen

Den genauen Inhalt der Führungen stellte Christa Schragmann, Leiterin von Haus Ruhrnatur, vor. Es geht konkret um die Geschichte des Werks Kahlenberg, aber auch allgemein um die Funktionsweisen eines Wasserwerks. Thema sind auch seine Auswirkungen auf die Gewässerstrukturen im Umfeld und die Bedeutung für Flora und Fauna. Zudem werden natürlich die großen Themen Klimaschutz und erneuerbare Energien in den Blick genommen.

Aus gutem Grund: Ein Wasserkraftwerk kommt schließlich ohne fossile Energiequelle aus, seine CO2-Bilanz ist dadurch lupenrein. Auch produziert es keinen Schwefel, keinen Stickstoff und pustet auch keinen Staub in die Luft, an welchem anderen Ort kann man mehr über umweltfreundliche Energieerzeugung lernen.

1928 in Betrieb genommen

Kahlenberg wurde 1928 in Betrieb genommen, das durchströmende Wasser bewegte zwei gigantische, gusseiserne „Francis”-Pumpen mit einer Leistung von jeweils über 2300 Kilowatt. Eine davon wurde 1988 gegen zwei moderne, kleinere „Kaplan”-Turbinen ausgetauscht, die andere verrichtet unverdrossen bis heute ihre Arbeit.

Doch die Mülheimer können sich nun nicht nur angucken, wo der Strom aus Wasserkraft produziert wird, sie können ihn seit einem halben Jahr sogar kaufen. RWE Naturstrom nennt sich das Angebot des Energieversorgers – wer möchte, kann seine Glühbirnen und seinen Fernseher mit Wasser aus der Ruhr antreiben. Anke Klein von der RWE Vertriebs AG erklärte, dass sich etwa 600 Haushalte für den umweltfreundlichen Wasserstrom entschieden hätten. „Die Leistung des Werks reicht aber für 6000 Haushalte”, erklärte sie weiter, „da ist noch Luft.”

Das Angebot faszinierte auch die Oberbürgermeisterin, die aufgrund des kommunalen Aktienbesitzes an RWE im Aufsichtsrat des Energieriesen sitzt: „Das ökologische Bewusstsein in der Bevölkerung wächst und solche Geschäftsmodelle ermöglichen es vielen Haushalten, ihre guten Vorsätze nun auch in die Tat umzusetzen.”