Von püriert bis mundgerecht geschnitten: Eine Stadttour mit „Essen auf Rädern”.

„Morgen!” Thomas Fritschen (21) ruft es täglich an die 50 Mal. Soweit nichts Ungewöhnliches – nur dass er schon in den Morgenstunden das Mittagessen bringt. Schließlich will der Mülheimer, der sein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) beim Roten Kreuz absolviert, den guten Ruf von „Essen auf Rädern” wahren – schnell und warm muss es sein.

Die Voraussetzung „warm” ist für drei Stunden nach Zubereitung der verschiedenen Menüs in der Küche des Evangelischen Krankenhauses garantiert. Wer mit dem Mittagessen pünktlich anfängt, liegt bei Essen auf Rädern also genau richtig. Im Styroporbehälter und mit Silikonabdeckung kann so schnell nichts passieren.

Für das „Schnell” ist „FSJ- ler” Thomas Fritschen allein verantwortlich. „Bis spätestens ein Uhr bin ich durch”, lautet sein tägliches Ziel. Und das erreicht er auf seiner „Tour 1” durch Broich, Speldorf, Mintard und Saarn eigentlich immer. Zwischen 35 und 55 Kunden fährt er täglich pro Tour an. Für die Kunden gehört der Besuch des jungen Mannes zum festen Tagesablauf – zur bestellten Zeit. Für Thomas Fritschen gehört mittlerweile der sportliche Start in den Tag dazu. „Neulich ist der Fahrstuhl ausgefallen.”

Thomas Fritschen bringt die Wildkeule ins Haus. Bis mittags um 13 Uhr ist jeder Kunde zu versorgen. Foto: Ole Heyer
Thomas Fritschen bringt die Wildkeule ins Haus. Bis mittags um 13 Uhr ist jeder Kunde zu versorgen. Foto: Ole Heyer © WAZ FotoPool

Los geht sein Tag morgens vor der Küche des Krankenhauses. Dort lädt er die bestellten Menüs in seinen Wagen. Sieben Tage in der Woche gibt es alle Mahlzeiten in verschiedenen Varianten – als Vollkost, Schonkost, als „Schlemmerausführung”, die auch schon mal Wildkeule oder Pulardenbrust im Angebot hat, und natürlich auch ohne Fleisch. Dazu kommen jegliche Variationen – von püriert bis mundgerecht geschnitten. Als erstes geht's heute nach Broich. Thomas Fritschen holt einen großen Schlüsselbund aus dem verriegelten Handschuhfach. „Bei vielen Kunden schließe ich selbst auf und bringe das Essen bis in die Küche”, erklärt er. „Bei manchen gebe ich es an der Tür ab, bei manchen stelle ich die Box nur vor die Tür.” Bei der ersten Kundin entschuldigt sich der junge Mann für die leichte Verspätung. „Viel zu tun heute.” Die Frau hat Verständnis. Die nächste hungrige Kundin wartet schon. „Ich dachte, Sie kommen gar nicht mehr.”

„Eine Frau lobt mich jedes Mal für das Essen”

Solche kleinen Bemerkungen bleiben die Ausnahme – zu den meisten Kunden hat Thomas Fritschen ein gutes Verhältnis. Schließlich sieht man sich oft täglich. „Eine Frau lobt mich jedes Mal für das Essen.” Im September begann für ihn das Freiwillige Soziale Jahr beim Roten Kreuz. Nachdem es mit dem Studienplatz nicht sofort geklappt hat, kann er sinnvoll die Zeit überbrücken. „Auf Dauer möchte ich schon gern etwas anderes machen”, sagt der 21-Jährige. „Aber im Moment ist der Job ein echter Glücksgriff.”

Der Verdienst beim FSJ ist mit knapp 300 Euro netto ähnlich wie bei Zivis, erklärt Christian Bittner, stellvertretender Geschäftsführer des Roten Kreuzes Mülheim. Er blickt ein wenig wehmütig auf die Zeit vor fünf Jahren zurück. Damals lieferte das Rote Kreuz nicht wie heute rund 150 Mahlzeiten auf drei Touren aus, sondern 250 auf vier.

Zum Teil läge der Rückgang wohl daran, dass viele im Alter entweder länger selbst kochten oder aber eher ins Heim gingen. Auch zunehmende Konkurrenz sei ein Thema. Außerdem hafte dem Essen auf Rädern immer noch das „Image vom Kranksein” an, zu Unrecht. Thomas Fritschen läuft zurück zum Wagen, er muss noch bis nach Mintard. „Zeitdruck motiviert”, meint er grinsend. Und Treppensteigen macht fit.