In Essen wurden die Einkünfte der Geschäftsführer städtischer Tochtergesellschaften veröffentlicht. Nun beginnt auch in Mülheim die Debatte über die Transparenz der Bezüge.
Vertraulich? Geheime Kommandosache unter vier Augen ausgehandelt? Nicht überall. In der Nachbarstadt Essen werden inzwischen die Gehälter der Geschäftsführer städtischer Töchter öffentlich präsentiert. Der Rat der Stadt wollte diese Transparenz. Da erhält der Chef der Evag zum Beispiel 194 331 Euro plus Auto, plus Pension; der Boss der Stadtwerke ist Spitzenreiter mit 327 722 Euro plus Auto, plus Pension. Und Mülheim? Hier beginnt die Debatte um Transparenz erst. Dabei steht die Politik, die kontrollieren soll, selbst vor manchem Fragezeichen.
„Ich weiß offiziell nicht, was manche Geschäftsführer erhalten”, sagt zum Beispiel Ratsherr Thomas Behrendt von den Grünen. Dabei ist er Mitglied in diversen Aufsichtsräten. Kein Einzelfall. „Wir wissen nicht, was ein Herr Bultmann als Ex-MEG-Chef und jetzt Spaziergänger an Gehalt bekommt”, kritisiert Lothar Reinhard bei den Mülheimer Bürgerinitiativen. Die MBI wollen das nicht länger hinnehmen: Sie fordern jetzt die Oberbürgermeisterin auf, unverzüglich dafür Sorge zu tragen, dass zumindest alle vom Transparenz-Gesetz der Landesregierung betroffenen Geschäftsführer ihre Gehälter bis spätestens 1. April offenlegen und „deren Höhe der Öffentlichkeit zugänglich machen”.
Üppige Pensionen sind die Ausnahme
Er habe kein Problem damit, wenn die Gehälter offengelegt würden, sagt Wolfgang Michels, Fraktionschef der CDU. Bekannt sei, dass in Mülheim weniger gezahlt werde als in anderen Kommunen, das gelte besonders bei den Pensionsansprüchen der Geschäftsführer. „Die Altersversorgung ist in manchen Kommunen generös”, so Michels.
Behrendt tut sich schwer mit der totalen Transparenz, fürchtet eine Neiddebatte. Die Politik dagegen sollte schon Bescheid wissen, meint er, auch Rahmenbedingungen festlegen, vielleicht Obergrenzen, und Behrendt fände auch einen Leistungstarif gut.
Ein Modethema
Nicht ganz glücklich mit der Debatte ist Dr. Hendrik Dönnebrink, Geschäftsführer der Mülheimer Beteiligungsholding. Eine Offenlegungspflicht würde ihn selbst betreffen, zudem wäre es wohl auch seine Aufgabe, mit den Geschäftsführern der Unternehmen in seiner Holding eine Handhabe zur Veröffentlichung der Gehälter zu finden.
„Jeder von uns hat einen gültigen Arbeitsvertrag, der uns übrigens zur Geheimhaltung über seine Inhalte verpflichtet”, führt er aus. Nicht nur wolle er seine Einkünfte nicht einfach jedem mitteilen, er dürfe es auch laut geltendem Vertrag nicht. „Darum musste auch bei jedem Essener Geschäftsführer im Vorfeld der Arbeitsvertrag geändert werden”, erklärt Dönnebrink. „Wenn die Stadt Mülheim künftig mit mir einen Vertrag abschließt, kann sie die Transparenz meines Gehaltes ja zum Inhalt machen”, skizziert er. „Dann kann ich dazu ja oder nein sagen, würde mich wohl auch kaum verweigern.” Doch habe er einfach zu anderen Voraussetzungen unterschrieben und die hätten zunächst einmal Geltung.
Überhaupt bereitet ihm die Debatte Stirnrunzeln. „Das ist ein Modethema, dass das Land da mit seinem Transparenzgesetz aufgegriffen hat”, findet er. Aus seiner Sicht gebe es in Mülheim keine Handlungszwang wegen vermeintlich hoher Geschäftsführer-Gehälter. „Aber eines darf man auch nicht verkennen. Wenn man Leistung in den Spitzenpositionen möchte, muss man auch dafür bezahlen.”