Mülheim. Als Gospelsänger kam Kofi Akoto erstmals ins Mülheimer Haus Ruhrgarten. Heute pflegt er dort alte Menschen. Warum er seine Arbeit liebt.
Wenn in Kofi Akotos Leben alles nach Plan gelaufen wäre, würde er heute vielleicht als Marketingfachmann in seinem Heimatland Ghana oder auch anderswo auf der Welt leben und arbeiten. Doch die Liebe zu seiner ebenfalls aus Ghana stammerden Frau, mit der er heute zwei gemeinsame Kinder hat, 12 und 18 Jahre jung, hat eine ganz neue Rechnung in seinem inzwischen 43-jährigen Leben aufgemacht.
Und in der Rückschau ist er dankbar für die Wendung seines Schicksals, das ihn zusammen mit seiner Frau 2001 nach Mülheim und als Sänger eines Gospelchores noch im selben Jahr ins Haus Ruhrgarten an der Mendener Straße geführt hat. Das Pflegeheim feiert am 15. Juni sein 50-jähriges Jubiläum und zugleich das 25-Jährige Bestehen der Tagespflege.
Mülheimer Altenpfleger besuchte Haus Ruhrgarten zunächst als Gospelsänger
Kofi Akoto erinnert sich an seinen ersten Besuch im Haus Ruhrgarten. „Wir hatten hier ein Konzert. Und mir hat die herzliche, gastfreundliche Atmosphäre im Haus sofort gefallen. Und weil ich damals auf der Suche nach einem neuen Beruf war, habe ich mich nach dem Konzert mit meinen späteren Kollegen über ihre Arbeit unterhalten.“ Der damalige Pflegedienstleiter der Evangelischen Altenhilfe, Oskar Dierbach, erkannte das Interesse und das menschliche Potenzial des Mannes aus Ghana und lud ihn zur Probearbeit ein.
„Aus Ghana kannte ich auch Pflegeheime. Sie gibt es dort allerdings nicht so flächendeckend wie in Deutschland, da die meisten alten und kranken Menschen zu Hause von ihren Familienangehörigen gepflegt werden“, berichtet Akoto. Durch seine christliche Erziehung und seinen christlichen Glauben, so berichtet der schwarze Mann im weißen Pflegerdress der Evangelischen Altenhilfe, habe er schon früh sein Talent und seine Freude daran entdeckt, Menschen zu helfen.
Während der Berufsausbildung lernte Akoto intensiv Deutsch
Deshalb fiel es ihm, der bis heute, immer wieder zur Vorweihnachtszeit, ein Gospel-Benefizkonzert für hilfsbedürftige Kinder und Frauen in Ghana organisiert, auch nicht schwer, seinem ursprünglichen Traumberuf Adieu zu sagen und sich auf das Abenteuer Pflege einzulassen. Während seiner dreijährigen Berufsausbildung pendelte er zwischen dem Haus Ruhrgarten, der Pflegeschule der Awo und einer privaten Sprachschule. Wenn man sich heute mit Akoto über seinen Beruf und sein Leben unterhält, kann man es sich kaum vorstellen, dass es auch für ihn eine Zeit gegeben hat, in der die deutsche Sprache für ihn eine schwere Sprache war.
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In dieser Zeit folgten auf acht Stunden Pflegeausbildung und -arbeit vier Stunden Deutschunterricht. „Ich habe nicht nur in der Sprachschule, sondern auch durch meinen Kontakt zu den Bewohnerinnen und Bewohnern des Ruhrgartens viel und schnell gelernt“, erinnert sich Akoto. „Ich bin hier auf Menschen getroffen, die dankbar für meine Hilfe waren und mir gerne dabei geholfen haben, mein Deutsch immer besser werden zu lassen. Das war ein Geben und Nehmen.“
Nur noch Nachtdienst - aus familiären Gründen
Schon damals spürte er die Kraftquelle, die ihn bis heute speist und auch nach fast mehr als 20 Berufsjahren in der stationären Pflege Freude an seiner geistig und körperlich fordernden Arbeit haben lässt. Es ist eine Mischung aus eigener Berufung, Lebensfreude, Dankbarkeit und Wertschätzung, die ihn immer wieder gerne zur Arbeit gehen lässt, die er als sinnvoll erlebt.
Nachdem er erst im Tagesdienst gearbeitet hat, ist Akoto aus familiären Gründen jetzt nur noch im Nachtdienst tätig. „In der Nacht ist es ruhiger als am Tag, weil die Menschen dann nicht so aktiv sind. Aber man muss trotzdem konzentriert sein, weil wir mit deutlich weniger Kollegen für die selbe Anzahl pflegebedürftiger Menschen verantwortlich sind“, sagt Akoto.
Vor allem demenzkranke Bewohner sind nachtaktiv
Das regelmäßige Klingeln zeigt an, dass der Altenpfleger keine Zeit für ein Dienstschläfchen hat. „Vor allem die demenziell veränderten Bewohnerinnen und Bewohner sind oft nachtaktiv“, weiß er. Und auch unter den anderen Schutzbefohlenen besteht nachts Hilfebedarf, etwa beim Toilettengang, bei der Medikamenteneinnahme oder einem kurzen Gespräch, mit dem sich Schmerzen und andere Belastungen der Pflegebedürftigkeit besser ertragen lassen.
„Wir müssen menschlich, pflegerisch und medizinisch immer auf der Höhe sein und eingreifen, sobald es notwendig ist“, sagt Akoto. Und in einem Haus, in dem viele hochbetagte, gesundheitlich angeschlagene Menschen leben, kann das jederzeit der Fall sein. Seine Berufserfahrung erlebt der Altenpfleger als hilfreich: Er kann durch genaue Beobachtung am Verhalten oder in den Augen der Bewohnerinnen und Bewohner erkennen, was sie brauchen, wenn sie sich verbal nicht äußern können oder wollen.
Auch Biografie der pflegebedürftigen Menschen ist wichtig
„Man muss auch die Biografie der Menschen kennen, die man pflegt“, betont Akoto. Wenn er von einem Bewohner immer wieder kurze und strenge Anweisungen erhält oder eine Bewohnerin nachts immer wieder über die Gänge geht, weil sie nach dem Rechten sehen will, kann er das besser verstehen und auf diesen Habitus eingehen, wenn er weiß, dass der Mann früher Manager und die Frau früher Schulleiterin war.
„Altenpflege ist ein sehr schöner und sinnvoller, aber auch ein schwieriger Beruf, den man nicht nur mit dem Verstand machen kann, sondern mit dem Herzen auch leben und wollen muss“, sagt Kofi Akoto. Er würde sich darüber freuen, wenn sich die gesellschaftliche Wertschätzung für die Altenpflege finanziell besser auszahlen würde. Doch wichtiger als die Entlohnung ist ihm die Unterstützung durch technische Hilfsmittel, etwa beim Heben schwergewichtiger Bewohner, und eine durch Kommunikations- und Teamfähigkeit geprägte Arbeitsatmosphäre. Weil er die an seinem Arbeitsplatz findet und sich wertgeschätzt fühlt, will er seinem Arbeitgeber treu bleiben.
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