Ein Morgen am Fischstand der Familie Rademacher ist eine unterhaltsame Angelegenheit. Dort gibt es nicht nur frischen Kabeljau, sondern noch frischere Kalauer.

„Mooorgen, Herr Konkel!” Noch mit einem anderen Kunden beschäftigt, entdeckt Helge Rademacher den Stammkunden. „Dauert noch 'nen kleinen Moment, Herr Konkel, kann sofort losgehen.” Mittags, kurz vor 13 Uhr, am Fischstand Rademacher am Synagogenplatz. Der Familienbetrieb ist mit Herzblut bei der Sache. Senior Heinz Rademacher, rüstige 74, taucht das Fischfilet in den Eierteig. Gleich gibt's einen knackfrisch frittierten Backfisch.

Am Fischstand wird Tacheles geredet. „Hier essen!” Bestimmend, aber doch nicht unfreundlich, eben mit Ruhrgebietsschnauze gibt der Seniorchef den Tipp, den Backfisch direkt am Stand zu verspeisen. Eingepackt, sagt er, „schlagen nur die Dämpfe zurück und die Panade wird weich. Am leckersten ist er, wenn er hier gegessen wird”. Jawoll, Chef! Recht hat er ja . . .

Eine Stunde bei Senior Heinz, seiner Ehefrau Elvira (72) und Junior Helge (39) wird nicht lang, hier wird palavert, was das Zeug hält. Ein Fischfilet will der Kunde, Heinz kontert: „Nehmen 'se zwei, wenn der andere nicht schmeckt!” Ein Kalauer, hier genauso gerne genommen wie Lachs, Hering, Krabben und Co. Frisch ist der Fisch immer, sagt der Chef. Immer morgens gegen 7, 7.30 Uhr werde er vom Stammlieferanten von der Küste beliefert, den Lachs filettiert er eigenhändig. Elvira bereitet alle Salate unter den Augen der Laufkundschaft frisch zu. Trotzdem fragen die immer die selbe Frage: Ist der Fisch auch frisch? Was soll man da sagen . . .? Elvira zeigt auf die Gewürzdosen. Da steht nicht drauf, was drin ist. Familienrezept. Streng geheim!

Helge lehnt sich zu Heinz rüber, der einen weiteren Backfisch ins Fett sinken lässt. „Du machst für die Dame zum Mitnehmen, Papa?” – „Jaaahaaa!”, poltert's zurück. Trotzdem, Helge mahnt zur Eile: „Gleich wird's dunkel!” Die Uhr schlägt 13. Der Tag ist noch lang. „Drei Euro auffen Kopp” macht der Backfisch. Sohnemann muss gleich mal rüber zum Bäcker. Die Brötchen sind alle.

Elvira macht ihre Mittagspause im laufenden Betrieb. Ein Brötchen mit Heringssalat, der Gatte steht auf Bratfisch, der Sohnemann auf Lachsersatz. „Wir essen jeden Tag Fisch”, sagt Heinz, während er holländische Matjes, „super zart, super mild”, für Stammkunde Kluge einpackt. „Sie wissen ja, dass Sie ihn nicht mit Wasser abwaschen dürfen, ne?” Herr Kluge weiß das natürlich. War ja auch nur ein Scherz. Matjes abwaschen . . . „Dann bleibt doch kein Geschmack mehr dran!” Noch ein Stück vom Rotbarsch, bitte! „Großes? Kleines? Schuhgröße 42?” – Helge, der Schelm.

Nee, Scholle ist nicht im Angebot. Schollenzeit ist ab Mai, klärt Heinz auf, „sonst ist zu wenig Fleisch dran, die Scholle ist dann auch zu labbrig”. Viktoriabarsch ist nie im Angebot. Aus Prinzip. „Die fangen ja den Leuten vor deren eigenen Haustür alles weg”, sagt Heinz. Viktoriabarsch sollen die Afrikaner für sich selbst behalten. Er beklagt auch die industriellen Fangmethoden. „Es wird zu viel Raubbau an der Natur betrieben!” Bei seinem Lieferanten sei er sicher, dass nur gefangen werde, was auch auf den Tisch soll. Der 74-Jährige hat seine Meinung, er teilt sie gerne mit. Aalglatt ist kein Attribut, das zum Personal an der Fischbude Rademacher passt.