Mülheim. Betriebe suchen händeringend Azubis, und die wenigen, die eine Lehre machen, verlassen kleine Handwerksfirmen oft, klagen Betroffene in Mülheim.
Neben vielen anderen Branchen ächzt auch das Handwerk unter dem Fachkräftemangel. Jeder, der in letzter Zeit versucht hat, einen Handwerker zu bekommen, etwa weil der Wasserhahn tropft oder die Heizung muckt, hat wohl die leidige Erfahrung gemacht, dass man mitunter lange auf fachkundige Hilfe warten muss. Wie problematisch es sich für die Betriebe gestaltet, Arbeitskräfte zu finden und Nachwuchs zu binden, machte jetzt Kreishandwerksmeister Jörg Bischoff aus dem Vorstand der Kreishandwerkerschaft Mülheim/Oberhausen deutlich.
„Alle suchen händeringend Azubis - aber nicht wenige laufen uns weg, nachdem wir sie ausgebildet haben“, verdeutlicht Bischoff die angespannte Lage für viele Handwerksbetriebe. Generell bildeten nur rund 20 Prozent der deutschen Unternehmen aus, „im Handwerk dürfte die Zahl ein wenig höher liegen“, ordnet der Kreishandwerksmeister ein. Dennoch: Allein mit „nachwachsenden“ Azubis werde die Lücke, die der Fachkräftemangel schlägt, wohl nicht zu schließen sein, war man sich beim Handwerkerempfang einig.
Mülheimer Handwerk: „Wir bilden aus, aber andere holen uns die Azubis weg“
„Wir bilden unermüdlich aus, aber nicht selten verlässt uns ein Azubi, weil er woanders für sich vermeintlich bessere Bedingungen wähnt“, schildert Kreishandwerksmeister Jörg Bischoff stellvertretend für die der Kreishandwerkerschaft angeschlossenen Betriebe.
Das Phänomen der abwandernden Lehrlinge treffe die verschiedensten Gewerke. Handwerkliche Fachkräfte würden etwa von Wohnungsgesellschaften oder auch der öffentlichen Hand gerne eingestellt, „weil sie gut ausgebildet sind“, so Bischoff. „Dabei sollte einem Azubi bewusst sein, dass ein Handwerksbetrieb oft wie eine Familie ist und auch so geführt wird - da gibt es sicher eine andere Fürsorge als in einem großen Konzern.“
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Auch die Frage der Nachfolge in Betrieben bereite manchem Handwerker Sorgen, spätestens, wenn selbst der eigene Nachwuchs die Firma nicht fortführen wolle. „Es gibt viel zu wenig junge Leute, die ein Unternehmen übernehmen wollen. Bei vielen geht da die Sicherheit vor“, nennt der Kreishandwerksmeister Beweggründe, die er nicht teilen kann: „Mir hingegen war der Unternehmergeist immer am wichtigsten. Man sollte auch die Chancen sehen, nicht nur die Sicherheit.“ Nicht nur da hoffe er auf Studienabbrecher, die ihren Berufsweg ins Handwerk verlegen.
Mülheimer Kreishandwerksmeister: „Geflüchtete erst auf den Arbeitsmarkt, dann in Sprachkurse“
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Jörg Bischoff wirbt zudem dafür, flexibler zu werden, um Arbeitskräfte einstellen zu können, die aus dem Ausland kommen. „Ich bin überzeugt, dass diejenigen nicht zuerst in Sprachkurse gesteckt werden sollten, sondern erst in den Arbeitsmarkt münden müssten - dann lernt man auch die Sprache schneller.“
Neben dem Fachkräftemangel erschwerten derzeit nach wie vor unterbrochene Lieferketten - auch in Folge des Krieges in der Ukraine - sowie durch Baustellen gestörte Mobilität und wachsende Bürokratie wie Datenschutz-Grundverordnung oder Gewerbeabfallverordnung die Arbeit vieler Handwerksbetriebe, skizzierte Bischoff abschließend, betonte aber auch, dass das Handwerk „nicht totzukriegen ist. Wir sind die Optimisten dieses Staates“.
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