Mülheim. Mit konkreten Maßnahmen soll Mülheim-Styrum hübscher, grüner, mobiler, lebenswerter werden. Warum dafür einige Geduld gefragt ist.
Wenn das heillos überschuldete Mülheim schon kaum Geld in die Hand nehmen kann für Investitionen, so erarbeitet es zumindest die Ideen dafür, was es alles tun könnte, um die Stadt lebenswerter zu machen. So ließe sich wohl knapp zusammenfassen, was Stadtverwaltung und Politik nun wieder auf den Weg bringen: ein Konzept zur Aufwertung des Stadtteils Styrums.
Auf weit mehr als 100 Seiten hat die Stadtplanung eigene Ansätze und die von Bürgerinnen und Bürgern zusammengetragen, was für den sozial benachteiligten Stadtteil nicht nur wünschenswert, sondern aus Bürgersicht sogar notwendig wäre: die Aufwertung der Wohngebiete und der Grünflächen, gute Fuß- und Radwege zu wichtigen Orten im Veedel, mehr und gut erreichbare Spielmöglichkeiten diesseits und jenseits der Bahntrasse, schönere Treffs für die soziale Verständigung von Nachbar zu Nachbar. Oder für Kunst und Kultur.
Besser Wohnen im Süden Styrums
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Gut 35 kleine wie große Einzelmaßnahmen hat man von Nord nach Süd ganz konkret verortet: Da ist die Flächenentwicklung der Kirche St. Magnus im Styrumer Süden. Der Stadt schweben hier neue Wohnraumangebote vor, die die soziale Durchmischung fördern, und ein Ausbau von Begegnungsangeboten für Vereine, Bürger und Institutionen.
Da ist die Aufwertung des kleinen Parks an der Blumenthalstraße, der mit besseren Spiel- und Sitzmöglichkeiten, verschiedenen Zonen, weiteren Müllbehältern eine bessere Aufenthaltsqualität bieten soll. Dazu gehört die Nachnutzung des Bunkers an der Meißelstraße, der womöglich als Ort der Bildung und Begegnung im neuen Glanz erscheinen könnte. Oder die Umgestaltung des südlichen Bahnhofsvorplatzes.
Oder auch nur die Freigabe der Graffiti-Mauer am Naturbad Styrum für eine ganz legale kunstvolle Gestaltung und mehr Raum für Jugendkultur.
Nur ist das sinnvolle wie recht mächtige Maßnahmenpaket eben als eine Art Baukasten zu verstehen, aus dem man sich je nach Förderlage aus Mitteln des Städtebaus bedienen will. Und nach eigenem Kassensturz, denn für alles wird Mülheim einen Eigenanteil leisten müssen.
Erste zentrale Maßnahme: die Neugestaltung der Oberhausener Straße
Die Fülle an Ideen birgt gleichermaßen Potenzial für Freude wie Frust, wie eines der zentralen Projekte aus dem Paket neulich in der Styrumer Stadtviertelkonferenz verdeutlicht: die Oberhausener Straße. Ihre moderne Umgestaltung soll den Autoverkehr künftig entschleunigen, indem aus derzeit zwei Spuren in jede Richtung nur noch eine wird. Das schafft mehr Platz für das Bummeln zu Fuß, mehr Grün an der ansonsten hochversiegelten Straße, also besseres Klima - und einen Radweg.
Die einen können den Umbau kaum noch erwarten, der aber an ein anderes Projekt geknüpft ist: die Styrumer Tangente, die den Schwerlastverkehr der Gewerbegebiete künftig aus dem Stadtteilzentrum heraushalten soll. Und damit eine Neuordnung der Oberhausener Straße überhaupt erst denkbar machen würde. Bis die seit mehr als einem Jahrzehnt debattierte Tangente aber umgesetzt wird, können noch Jahre vergehen.
Mit Fassadenprogramm zu mehr Glanz
„Wie lange sollen wir dann noch auf einen Radweg an der Oberhausener Straße warten?“, fürchtete eine Styrumer Anwohnerin in der Stadtviertelkonferenz den Tag wohl nicht mehr zu erleben. Und stieß damit auf ersten Widerstand der anderen gegen eine Radspur: „Wie sollen wir da auf eine Spur verzichten können? Dackeln wir dann im Auto hinter der Straßenbahn hinterher? Das wird das Chaos noch verschlimmern“, befürchtet eine weitere Anwohnerin.
Grundsätzlich aber wünschten sich nicht wenige Styrumer ein schöneres Erscheinungsbild der Hauptverkehrsstraße zwischen Mülheim und Oberhausen. Ein Fassadenprogramm könnte deshalb aussichtsreich sein, glaubt Stadtplaner Daniel Bach, denn die Gebäude gehörten oftmals privaten Eigentümern und keinen Fondsgesellschaften. Für den Bezirksbürgermeister Heinz-Werner Czeczatka-Simon ist dagegen klar: Ein bloßer Gardinenwechsel helfe da nicht, man müsse einerseits die Infrastruktur anpacken und andererseits die Eigentümer ins Boot holen.
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Zweite zentrale Maßnahme: Der Bahnhof muss besser werden
Das zweite baldmöglichst umzusetzende Projekt soll die Umgestaltung des nördlichen Bahnhofszugangs werden. Hier sollen nicht nur Angsträume beseitigt, mehr Sauberkeit geboten werden, sondern auch bessere Angebote für Berufspendler auf dem schon vorhandenen Park&Ride-Platz geschaffen werden.
Das könnte noch kombiniert werden mit einem ebenfalls lang gehegten Oberhausener Projekt: dem Rad- und Fußweg auf dem stillgelegten Hibernia-Eisenbahn-Damm, der in Mülheim als „Styrumer Promenade“ in den Oberhausener Süden und in die Nachbar-Innenstadt führen soll. Und womöglich wird er zukünftig dort - weitestgehend unbehelligt vom Autoverkehr - an eine Nord-Süd-Radwegachse sogar bis nach Bottrop anschließen können.
Ein drittes wichtiges, wenn auch weniger gewaltiges Projekt soll dem Gedanken der Inklusion zugutekommen. Im Umfeld des Aquarius könnte - nach Wunsch von Bürgern und Politik - ein inklusiver Wasserspielplatz entstehen. Der oft benachteiligte Stadtteil wäre damit Vorreiter für das gemeinsame Spielen von Kindern mit und ohne Behinderung.
Bis der erste Bagger rollt, brauchen Styrumer einen langen Atem
Einige Millionen wären dafür auch von Mülheim zu stemmen, selbst wenn das Land hier mit 80 Prozent Förderung einsteigen würde. Aus Sicht des Stadtplaners Daniel Bach wird Styrum einen langen Atem benötigen, weil Mittel für die 35 identifizierten Teilprojekte Jahr für Jahr im Haushalt eingestellt werden müssen. Ein erster Antrag für ein Projekt ist nicht vor Herbst 2025 zu erwarten, also erst zum Haushalt 2026. Bis dann der erste Bagger rollt ...
Ähnlich hielt auch Mülheims Planungsdezernent Felix Blasch im Planungsausschuss die überbordenden Hoffnungen der Politik von vornherein im Zaum: „Wir wollen gucken, Projekte davon umzusetzen, wo immer es geht. Eine komplette Umsetzung in den nächsten Jahren sehe ich aber leider nicht.“ Die Innenstadt und Eppinghofen, auch das IGA-Konzept zur „Grünen Mitte“ sind beste Beispiele der jüngeren Vergangenheit, dass es viele Ideen gibt, ohne Moos aber nun mal nicht viel los ist.
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Stadt will Fördertöpfe von Land, Bund und EU anzapfen
Die Stadt will aber gewappnet sein, sollte ein Fördertopf von Land, Bund oder EU passen. Planungsamtsleiter Alexander Behringer verwies im Planungsausschuss darauf, dass Fördergeber ohne entsprechende Konzepte nicht bereit sind, Mittel zur Verfügung zu stellen. Die Stadt produziere auch nicht Konzepte für die Schublade, sondern nehme sie als Grundlage, um - wann immer möglich - mit Fördergeldern auch etwas umzusetzen, entgegnete er der AfD.
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Behringer berichtete, dass auf Basis der „Integrierte Handlungskonzepte“ seit 2014 gut 20 Millionen Euro Fördermittel nach Mülheim geflossen seien. Ohne die 80-prozentige Städtebauförderung wären noch weniger Investitionen möglich. Der Planungsausschuss stützte dies mit einem einstimmigen Votum zum Handlungskonzept für Styrum.
Nun ist der Rat der Stadt am Ball. Er muss am kommenden Donnerstag (25. April) das Handlungskonzept als Grundlage beschließen. Dann allerdings heißt es Farbe für Styrum bekennen, wenn in den kommenden Haushaltssitzungen auch die Mittel für Mülheims Norden bereitgestellt werden müssen.
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