Auch für Ältere kann der Tag früh losgehen. Das Programm in der Tagespflege im Mendener Haus Ruhrgarten beginnt um acht Uhr. Aber das ist noch nichts für Cornelia Wagner (48). Sie leitet die Gruppe der 69- bis 99-Jährigen, die acht Stunden in der Einrichtung der Evangelischen Altenhilfe verbringen.

Dass diese Stunden nie langweilig werden ist dabei jeden Tag ihr Ziel. Das will vorbereitet werden, deshalb kommt sie noch deutlich früher als die Gäste. Besonders wichtig für sie: „Die Herrschaften sollen möglichst viel selbst zum Tag beitragen”. Und so versucht Cornelia Wagner, die „Herrschaften”, wie alle ihre Besucher heißen, von morgens früh an herauszufordern. Sie wohnen weiterhin zu Hause, in der Tagespflege bleiben sie bis zum Nachmittag.

Programm nach dem Programm

„Herr Rzembitzki, was haben Sie denn gestern nachmittag noch alles so gemacht?”, fragt sie gleich, als der Betreffende aus dem Taxi steigt. Kurt Rzembitzki (74) erzählt: „Zuerst bin ich mit der Einkaufsliste losgezogen. Dann war ich noch mit meiner Frau in der Stadt.” Natürlich sind nicht alle der zwölf bis 15 Tagesgäste gleich aktiv, erklärt Cornelia Wagner. Die meisten haben eine körperliche oder psychische Erkrankung. In der munteren Runde am Frühstückstisch merkt man davon kaum etwas. Adalbert „Adi” Reimer (85) erzählt vom letzten Ratespiel: „Keiner kam auf mein Liebligsinstrument!” Kurt Rzembitzki ergänzt seinen Bericht vom ersten Gartenbesuch in diesem Jahr. Cornelia Wagner, die alle nur als „Conny” kennen, ist stolz auf die Fortschritte der Herrschaften. „Für uns zählt jede eigene Entscheidung. Das fängt beim Brötchenbelag an.” Und geht bei der Aktivitätenrunde weiter. Gymnastik, Ratespiele und Singen – jeder kann sich etwas aussuchen.

Zeitungsrunde

Im Anschluss läuten „Conny” Wagner und ihre vier Kollegen die tägliche Zeitungsrunde ein. „Besonders beliebt ist der Mülheimer Teil der WAZ. Hier erkennen viele Orte oder Ereignisse aus ihrem früheren Leben wieder.” Nach dem Mittagessen und Kaffeetrinken, einem Schläfchen oder einer Runde „Mensch ärger dich nicht”, geht es um 16 Uhr für die Herrschaften nach Hause. Für Cornelia Wagner ist der Tag noch längst nicht vorbei.

Papierarbeit

Ein Berg von Papier wartet auf sie. Doch diese Arbeit steht sie nicht im Vordergrund. „Ich finde, wir sind es der Generation, die unsere heutiges Leben aufgebaut hat, schuldig, dass sie es jetzt gut hat.” Natürlich komme es auch vor, dass ein Gast das Angebot ablehne oder unfreundlich werde. „Dann sagen wir das den Angehörigen. Die Chemie in der Gruppe muss schon stimmen.” Cornelia Wagner weiß, dass längst nicht in allen Bereichen der Altenpflege solch „eitler Sonnenschein” herrscht. Die Situation in Heimen oder der häuslichen Pflege sei oft problematisch. Umso wichtiger ist ihr die tägliche Gestaltung in ihrer Einrichtung. „Herr Rzembitzki, wie wär's noch mit einem kleinen Spaziergang?”