Mülheim. Seit Jahren ringen Politik und Bürgerschaft darum, Mülheims Rathausmarkt attraktiver zu machen. Jetzt droht wieder ein Tauziehen um Parkplätze.
Zieht die CDU auf den letzten Metern zur Neubelebung des Rathausmarkts erneut die Handbremse? „Beratungsbedarf“ meldete der CDU-Fraktionsvorsitzende Hansgeorg Schiemer in der Bezirksvertretung 1 an, als es darum ging, grünes Licht für die Platzgestaltung zu geben. Denn die soll weitestgehend autofrei werden.
Die Vorlage dafür sei „sehr kurzfristig“ eingereicht worden, kritisierte Schiemer, es habe darüber „keine Abstimmung mit den Bürgern“ gegeben und es fielen durch die Umgestaltung rund 30 Parkplätze weg. Der CDU-Sprecher forderte, dass diese im Umfeld ersetzt werden müssen.
Mülheims Zukunft am Rathausmarkt entscheidet sich im Planungsausschuss
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Endgültig entschieden wird über die Vorlage im kommenden Planungsausschuss am 5. September. Doch mancher Politiker befürchtet nun – auf dem letzten Meter zur Neubelebung des prominenten Platzes zwischen Rathaus und Radschnellweg – ein erneutes Ausbremsen der Schwarzen zugunsten von Auto-Parkplätzen.
Dabei soll hier endlich ein attraktiver Ort geschaffen werden, an dem Mülheimer sich gerne aufhalten und der die Brücke zwischen Innenstadt und dem stark genutzten Radschnellweg schlägt. Soeben hat man dort den dreimillionsten Radfahrer gefeiert.
Seit wenigstens zehn Jahren ist die Gestaltung des Platzes in der öffentlichen Debatte mit zahlreichen Vorschlägen von Bürgern (Charrette-Verfahren), Politik und Verwaltung. Erst im vergangenen März hatte die Verwaltung ihren Entwurf mit der Politik besprochenen und anschließend ein Architektenbüro mit der Ausarbeitung beauftragt. Die Zeit drängt nun, denn um noch eine Förderung durch den Städtebau zu erhalten, müsste der Beschluss spätestens in diesem September gefasst werden.
2015: Mülheim stellt Überangebot an Parkplätzen fest
Fast ebenso lang wie über die Gestaltung wird über das nachweislich vorhandene Überangebot von Parkflächen diskutiert. Rund 3700 bewirtschaftete und 400 kostenlose Parkplätze stellt die Innenstadt zur Verfügung, doch wie viele benötigt sie wirklich? Und wo? Nicht zuletzt hatte die CDU mit den Grünen selbst vor gut zwei Jahren eine Analyse des Parkraums in Auftrag gegeben mit dem Ziel, unnötige Parkplätze aufzugeben und dafür womöglich mehr Grün und schönere Aufenthaltsqualität zu schaffen.
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Die Analyse zeigt auf, was bereits in ähnlicher Form 2015 ermittelt wurde: Die Stellplätze in der Mülheimer Innenstadt sind maximal zu 80 Prozent ausgelastet. In den Tiefgaragen stehen zum Teil sogar die Hälfte des Stellplätze leer. Freilich: Die oberirdischen Parkmöglichkeiten – vor allem kostenlose – sind von 8 bis 18 Uhr deutlich stärker ausgelastet. Doch „zu jedem Zeitpunkt stehen freie Stellplätze in den Tiefgaragen und Parkhäusern im Kernbereich der Innenstadt zur Verfügung“, lautete schon 2015 das Fazit aus dem Amt für Verkehrswesen.
Und dennoch: In letzter Minute hatten CDU, SPD, MBI und FDP damals den bereits gefassten Beschluss im Planungsausschuss noch einmal gedreht: „Grundsätzlich sei es aus gestalterischer Sicht wünschenswert, den Rathausmarkt von parkenden Autos frei zu halten“, heißt es aus einem Protokoll. Jedoch reiche dann das Stellplatzangebot in der unmittelbaren Nähe des Platzes nicht mehr aus, so dass ein autofreier Rathausmarkt keine Akzeptanz finde. Grüne und Linke hingegen lehnten die Parkplätze ab.
Parkplätze stehen Belebungsplänen entgegen
Dass heute in letzter Minute „Beratungsbedarf“ angemeldet wird, stößt im politischen Raum daher nicht ohne Grund auf Verwunderung. „Es soll jetzt ein attraktiver Platz geschaffen werden, auf dem sich Leute gerne aufhalten. Mit einem Eiscafé, Kinderspielplatz – die MST will den Markt toll bespielen“, zählt Andreas Preker-Frank auf, der für „Die Partei“ in der Bezirksvertretung sitzt und selbst Vorschläge eingebracht hat, wie der Rathausmarkt belebt werden könnte. „Parkplätze stehen diesen Plänen doch völlig entgegen.“
Auch Oskar Obarowski (SPD) zeigt sich „erstaunt bis irritiert über das alte Argument Parkplätze. Ich dachte, wir hätten den gordischen Knoten durchschlagen.“
Die Werbegemeinschaft Innenstadt – lange Zeit Bedenkenträger gegenüber einem autofreien Rathausmarkt – hat inzwischen intern keine einheitliche Meinung, sagt Thorsten Ritter, der im Vorstand sitzt. Teile der Werbegemeinschaft seien dafür, andere hingegen begrüßen zwar, dass der Markt belebt werden soll und die Umgestaltung auch einen Fahrstuhl in die Tiefgarage vorsieht. „Aber was geschieht in der Zeit, wenn keine Veranstaltungen dort laufen?“, hat Ritter persönlich weiterhin Bedenken, die sich auch bei den Gästen seines Tanzstudios am Löhberg spiegeln sollen. „Gerade die weiblichen Gäste fühlen sich in Tiefgaragen unsicher.“
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Genügend oberirdische Stellplätze seien daher wichtig. Natürlich, räumt Ritter ein, vertrete er damit die Interessen seines Tanzstudios. Aber um das Auto ersetzen zu können, fehle es an Stellflächen für Fahrräder und Nahverkehrsverbindungen. Und nicht zuletzt trage zur Verunsicherung der Gäste auch bei, dass die Innenstadt noch immer kein gutes und einheitliches Beleuchtungskonzept habe. Aus seiner Sicht sei eine Belebung des Rathausmarktes auch nicht zwingend notwendig: „Wir haben dafür doch schon viele Plätze. 150 Meter weiter gibt es das Ruhrufer.“
Grüner Sprecher: „Sehen keine Bedenken, dem Entwurf zuzustimmen“
Wird also im entscheidenden Planungsausschuss im September erneut die Bremse gezogen und die jahrelang geplante Wiederbelebung gestoppt? Zumindest die Grünen haben lange Zeit auf eine Umsetzung gewartet. Axel Hercher, verkehrspolitischer Sprecher des grünen Koalitionspartners, sieht „von grüner Seite keine Bedenken, dem Entwurf der Architekten zuzustimmen“. Endgültig aber werde das in der Fraktion und zwischen den Koalitionspartnern besprochen.