Jedes dritte Gebäude eignet sich für eine Solaranlage. Nun kann jeder im Internet sein eigenes Haus überprüfen

Aus der Luft betrachtet ist Mülheim eine richtige Goldgrube. Jedes dritte Haus auf dem Stadtgebiet eignet sich nämlich für den wirtschaftlichen Betrieb einer Photovoltaik-Anlage. Dank Einspeisevergütung und verschiedenen Förderprogrammen rechnet sich die Investition oft nach wenigen Jahren. Nun hat die Stadt im Internet ein komplettes „Solardachkataster” veröffentlicht. Per Mausklick kann jeder Eigentümer in Sekundenschnelle feststellen, ob seine Immobilie geeignet ist.

Kataster – das klingt nach dicken, staubigen und unübersichtlichen Aktenordnern. Doch weit gefehlt, so simpel wie ein Routenplaner oder Google-Earth funktioniert das System, das über die Internetseite der Stadt (www.muelheim-ruhr.de) zu erreichen ist. Straßenname eingeben oder einfach auf der Landkarte herumsuchen, bis das gewünschte Haus gefunden ist. Wer keinen Internetanschluss hat, kann in die Ruhrbania-Bauinformation kommen.

Ein Mausklick und schon sortieren sich die Informationen auf dem Bildschirm. Der Benutzer erfährt, wie groß die Modulfläche seines Daches ist, wie groß der voraussichtliche Jahresstromertrag in Kilowattstunden wäre und wie viel Kilogramm CO2 sich einsparen lassen. Auch über das mögliche Investitionsvolumen wird er aufgeklärt. Ein zweiter Tastendruck führt zu einer Berechnung einer Solarthermie-Anlage (Warmwasser).

Man mag einwenden, dass den meisten Hausbesitzern klar ist, dass sich auf einem Hausdach etwa mit Südneigung Solaranlagen irgendwie rechnen. „Klar, aber unsere Analyse zeigt, dass rund 90 Prozent der geeigneten Häuser auf den ersten Blick eben keine optimalen Kandidaten sind”, widerspricht Umweltamtsleiter Jürgen Zentgraf.

„Außerdem operieren wir nicht mit irgendwelchen Universalwerten”, ergänzt Umweltdezernentin Helga Sander. Dem Programm zu Grunde liegen lasergenaue Luftmessungen der 62 100 Gebäude auf Mülheimer Gelände. Werte wie die jeweilige Dachneigungen oder die konkrete Beschattungssituation, noch verfeinert durch Gauben, Kamine oder Bäume, fließen in jede Berechnung ein.

Eine Energieberatung ersetzt der Blick ins Internet nicht. „Das Kataster soll zeigen, dass eine Solaranlage eine ernsthafte wirtschaftliche Option ist”, stellt die Dezernentin fest, „für Beratung und Planung gibt es dann in unserer Stadt genug Spezialisten.” Bei der Verbraucherzentrale oder der Energie.Agentur.NRW können sich Interessierte eingehend informieren, auch über KfW-Förderung und die Einspeisevergütung.

Erstellt wurde das Solardachkasteter in Kooperation mit der Fachhochschule Osnabrück. Die Niedersachsen erstellten schon vor Jahren eine ähnliche Analyse für ihre eigene Stadt. Die Zahl der Solaranlagen stieg nach Veröffentlichung der Ergebnisse für die Bürger sprunghaft an. Große Kosten für die Stadt verursacht das Projekt auch nicht.

Die Laserdatenmessungen mussten eh erhoben werden, von den 40 000 Euro Projektkosten werden 80 % vom Bund getragen. „Wir haben eine dramatische Haushaltslage, um so mehr freut es uns, einen starken Akzent für Klimaschutz setzen zu können”, resümiert Helga Sander.