Mülheim. Mülheims Hauptpost ist geschlossen, gerade für Gewerbekunden ein Verlust. Adäquaten Ersatz gibt es (noch) nicht – das bedeutet Umsatzeinbuße.
14 Mitarbeitende, neun Fahrzeuge und etliche gelbe Kisten voller Post: Das sind nur wenige der vielen Zahlen, die das Unternehmen des Postdienstleisters Waldemar Koza ausmachen. Tagtäglich sind er und „seine Jungs“ unterwegs, um der Kundschaft morgens Post zuzustellen und abends Sendungen abzuholen und zur Geschäftspostannahme zu bringen. Nur – in Mülheim gibt es so eine Stelle seit der Schließung der Hauptpost am Bahnhof nicht mehr. Für Gewerbekunden ein großer Einschnitt, denn die Post, die sie täglich versenden müssen, werden sie fortan nur noch in Nachbarstädten los.
+++Personalausfälle: Massenhaft Post blieb in Mülheim liegen+++
Zu den Kunden, die Waldemar Kozas „PS Postfach-Service“ betreut, zählen namhafte, große Unternehmen und Konzerne, die in der Stadt ansässig sind. „Allein an Dialogpost haben wir 20 bis 25 Kisten pro Einlieferung, und davon etliche“, so der Unternehmer. „In einer normalen Postfiliale kannst du das nicht abgeben. Wir sind auf eine Geschäftspostannahme angewiesen.“ Als bekannt wurde, dass die Hauptpost schließt, sei das ein Schock gewesen. „Aber gut, wir hätten uns mit einem neuen Standort anfreunden können.“
Mülheimer Hauptpost hat in Heißen den Betrieb aufgenommen
Einen neuen Standort gibt es: An der Hardenbergstraße 81 in Heißen ist das neue DHL-Verteilzentrum gelegen, allerdings bietet es längst nicht alle Dienstleistungen, die die ehemalige Anlaufstelle aufzuweisen hatte. „Am bisherigen Standort am Hauptbahnhof im Mülheim befinden sich eine Postbankfiliale sowie ein Zustellstützpunkt der Deutschen Post. In dem Gebäudekomplex befinden sich ebenfalls eine Postfachanlage und eine Geschäftspostannahme“, erklärt DHL-Sprecherin Britta Töllner. Während der Zustellstützpunkt und auch die Postfachanlage nach Heißen „umziehen“, befindet sich die Postbank-Filiale nun an der Friedrich-Ebert-Straße – nach Startschwierigkeiten mittlerweile mit etwas Verspätung geöffnet.
Aber: „Eine Geschäftspostannahme wird aus ökonomischen Gründen künftig nicht mehr angeboten“, so Töllner. Die Mitarbeiterin, die die Geschäftspostannahme täglich für je drei Stunden betreute, „wird künftig an anderer Stelle im Unternehmen weiter beschäftigt“. Seine Kundschaft bittet das Unternehmen, Sendungen in umliegenden Filialen abzugeben, verweist auf die nächste Großannahme in Oberhausen, aber auch Duisburg und Essen seien alternative Optionen.
Mülheimer Unternehmer sind ratlos und enttäuscht
Eher ein schlechter Kompromiss, denn eine realistische Alternative, findet Kevin Frotscher. Als Gewerbetreibender mit einem Online-Shop für Elektroartikel ist auch er auf eine Geschäftspostannahme angewiesen. „Ich verschicke jährlich 50 bis 80.000 Sendungen“, so Frotscher. Derzeit seien das drei bis sieben gelbe Kisten am Tag, zur Hauptgeschäftszeit im Winter auch zehn aufwärts. „Mit dieser Menge an Post kann man in keine normale Filiale“, erklärt er. Für die Entscheidung von DHL hat er wenig Verständnis, unter Kolleginnen und Kollegen – „man kennt sich“ – seien Wut und Enttäuschung groß.
„Wenn man jetzt täglich in eine andere Stadt fahren muss, sind das bare Mehrkosten, die dadurch entstehen“, sagt Kevin Frotscher. Er werde künftig wohl oder übel auf die Essener Großannahme ausweichen, Gleiches habe er von anderen Mülheimer Gewerbekunden gehört. „Wenn jetzt aber alle nach Essen ausweichen, könnte das auch dort zum Problem werden.“ Bei DHL sei man auf Nachfrage sicher, die neuen Kundenströme bewältigen zu können, zumal neben Essen mit Oberhausen und Duisburg noch weitere Standorte zur Verfügung stehen.
Mülheimer Dienstleister wird auf Essener Großannahme umschwenken
Der Postdienstleister Waldemar Koza will künftig ebenfalls in Essen die Post abliefern. Anders als früher, müsse er nun aber die Abgabe bündeln, könne nicht mehr jeden Fahrer einzeln zur Geschäftspostannahme schicken. Für das unweit des Flughafens angesiedelte Unternehmen seien das 20 Kilometer bis zur Annahmestelle in der Essener Innenstadt und wieder zurück. „Deswegen bündeln wir die Einlieferungen jetzt hier in Mülheim und nur einer fährt nach Essen“, so Koza. Aber auch das, ein Verlustgeschäft: „Es sind nicht alle gleichzeitig fertig in der Regel. Da wartet der eine dann eine halbe bis dreiviertel Stunde auf den nächsten und das ist Arbeitszeit, die ich zahlen muss.“
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Seine Kunden habe der Unternehmer schon vorgewarnt, denn auch die Postfachanlage, aus der der Dienstleister morgens Sendungen entnimmt und an die Kundschaft liefert, ist am Heißener Standort noch nicht in Betrieb. „Das Postfach an der Hardenbergstraße wird voraussichtlich ab dem 10. Juli 2023 in Betrieb genommen“, bestätigt DHL-Sprecherin Britta Töllner. „Bedingt durch Lieferzeiten kann hier leider kein nahtloser Übergang stattfinden.“ Bis zum 10. Juli wolle DHL die Postfachsendungen eigenständig ausliefern. „Mal sehen, ob das klappt“, sagt Waldemar Koza. „Aber ein adäquater Ersatz für die Hauptpost ist das alles nicht.“