Mülheim. Die Fahrradbranche boomt. In Mülheim berieten Experten nun zu ganz neuen Trends, etwa bei E-Bikes und Klapprädern. Gerade für Familien viel Neues.

In einem sind sich alle beim Fahrradfrühling anwesenden Händler einig: „E-Bikes werden leichter“, bringt Inhaber Markus Sebold von Zweirad Sebold den wohl wichtigsten allgemeinen Trend auf den Punkt. Martin Pütz bietet zum Beispiel ein 19 Kilogramm schweres (oder eben auch leichtes) E-Bike an – inklusive Akku, der immerhin 50-80 Kilometer Reichweite vom Hersteller garantiert. „Das hängt natürlich von der Nutzung ab“, erläutert Philipp Hanisch, der Junior-Chef von Team 101, Sportgeschäft und E-Bike Center. „Je nachdem, wie viel elektrische Unterstützung die Radler dazuschalten“, erklärt er. „Die Händler sind bei ihren Angabe sehr vorsichtig“, bestätigt Ole Kaiser vom Fahrradhändler Spree.

„Und die E-Bike-Fahrer werden jünger“, ergänzt Sebold-Mitarbeiter Stefan Holtbernd. Deshalb haben viele Fahrradhändler in der Müga auch diverse Exemplare aus der Mountainbike-Szene dabei. Interessanterweise springe die Faszination ums grenzenlose Fahren inzwischen auch auf immer mehr Altersgruppen über. So erzählt Ole Kaiser von Zweirad Spree, dass immer mehr Vierzig- und Fünfzigjährige ihre alte Leidenschaft wieder aufleben lassen. „Die haben nicht mehr so viel Kraft, aber mit elektrischem Antrieb kann der Spaß wieder losgehen.“

Mülheimer Fahrradhändler: Kompakte, leichte Räder sind gefragt

Im Zuge der Suche nach Alternativen zum Auto beeindruckt der Fahrradmarkt inzwischen mit einer wachsenden Vielseitigkeit, sowohl bei herkömmlichen Rädern als auch bei E-Bikes. Neben City- und Mountainbike sind Falträder gerade in Kombination mit dem 49-Euro-Ticket beliebter denn je, egal in welcher Variante. Das nur 16 Zoll große E-Bike des französischen Herstellers „eovolt“ etwa, welches das Team 101 mitgebracht hat, kann damit sogar kostenlos in den ÖPNV mitgenommen werden. Denn es wiegt nur 16,5 Kilogramm, wobei der Akku im Sattelrohr versteckt ist. Mit wenigen Griffen ist es gefaltet und nimmt liegend knapp einen Quadratmeter Platz in Anspruch. Also ideal in Kombination mit anderen Verkehrsmitteln, dazu leicht und in der Handhabung – wie ein kleiner Koffer.

Doch der Verkaufsschlager bei ihnen an der Kölner Straße, so Philipp Hanisch von Team 101, sind die Kompakträder, vor allem der Marke „Isy“. Wer mit dem Wohnmobil unterwegs sei, wolle auch im Urlaub gerne Rad fahren. Das in vielen Farben erhältliche E-Bike mit 20 Zoll-Rädern ist mit gedrehtem Lenker und eingeklappten Pedalen – werkzeugfrei zu erledigen – nur 1,12 Meter hoch und knappe 30 Zentimeter breit. Es passt damit perfekt in schmale Lücken – oder im Van gleich mehrere davon nebeneinander. Durch ein enormes Angebot beim Zubehör – zum Beispiel eine Blumenvase – sowie durch spezielle Farbgestaltung, wie das äußerst begehrte Jungle E-Bike, haben die „Isy-Bikes“ laut Fahrradhändler inzwischen Kultstatus erlangt. Philipp Hanisch nennt drei Kernzielgruppen: „Frauen – wegen des Gewichts, Camper und Individualreisende, wegen der Einfachheit des Transports, vor allem aber eine unheimliche Fangemeinschaft! Die grüßen sich, wenn sie sich unterwegs treffen. Oder sie verabreden sich, und dann radeln nur Isy-Bikes zusammen.“

Mülheimer Händler erkennen Trends bei E-Bikes aller Art

Beim Fahrrad-Zubehör legen die Radelnden in Mülheim immer mehr Wert auf Nachhaltigkeit, weiß Spree-Mitarbeiterin Linda Kunst. Deshalb hat Zweirad Spree viele Recycling-Fahrradtaschen mitgebracht, ist aber auch in Sachen Klimaneutralität unterwegs. So wird in der Fahrradwaschanlage auf der Wiese mit biologisch abbaubaren Mitteln des umweltbewussten Herstellers „Muc-off“ das Rad zum Strahlen gebracht.

Philipp Hanisch hat noch einen ganz anderen neuen Trend parat: Ein normal großes E-Bike mit ABS. Das Antiblockiersystem funktioniere dann wie beim Auto. Die wohl aufsehenerregendste neueste Entwicklung präsentiert Martin Pütz: das Automatik-E-Bike. Das Radeln gestaltete sich dergestalt extrem einfach, eben wie beim Automatikauto-Fahren: „Ich trete, und die komplette Schaltung funktioniert automatisch.“ Allerdings muss man ohne Rücktrittsbremse auskommen, denn „Automatik und Rücktrittbremse, das geht nicht“, sagt Pütz.

Mülheimer Fahrradfrühling: Anschaffung von Lastenrädern ist kostspielig

Wolfram Hartmann, Teamleiter der Cargobike Roadshow, stellt diverse Lastenräder mit Elektroantrieb verschiedener Hersteller zum Ausprobieren zur Verfügung. „Es gibt eindeutig mehr Vielfalt“, sagt auch Hartmann, der emsig berät, denn das Interesse ist groß. Lehrerin Nina Thelen testet mit Tochter Mila (4) gleich mehrere Räder und weiß schnell, wie unterschiedlich Sitzkomfort und Fahrgefühl sein können. Sie nimmt sich Zeit, denn „der Preis ist echt ‘ne Hausnummer“. Schließlich will die vierköpfige Familie soweit möglich aufs Auto verzichten. „Schade“, sagt Nina Thelen. „Viele Städte fördern die Anschaffung eines Lastenrads, Mülheim leider nicht!“

Mila (4) macht es sich im Lastenrad bequem.
Mila (4) macht es sich im Lastenrad bequem. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Wurden früher Vorderlader angeboten, so genannte Long Johns, gebe es jetzt auch Long Tails, also die Last hinten. Doch auch in Sachen Personentransport sei es den Experten zufolge inzwischen sehr interessant geworden, mittlerweile sei gesetzlich auch ein Erwachsenentransport erlaubt. Natürlich nur, wenn die Hersteller das Lastenrad dafür auch freigegeben haben. Für den Stadtverkehr und enge Hausflure gebe es auch immer mehr schmale Kompaktlastenräder – und auch raffinierte, die nur so lang sind wie ein herkömmliches Rad, somit auch im ÖPNV mitgenommen werden dürfen.