Übung mit 200 Lebensrettern: Feuerwehr und Hilfsdienste waren auf dem Gelände der MEG im Großeinsatz

Erst raucht es weiß aus der Halle „Tor 3” auf dem Gelände der MEG. Sven Werner zeigt seinen Nachrichtenticker: „Jetzt hat die Leitstelle die Meldung.” Dann hört man die Feuerwehrsirenen an der Pilgerstraße 25: MANV Stufe 2 - das bedeutet ein Massenanfall von mindestens 40 Verletzten bei der Größe einer Stadt wie Mülheim, wie Werner, stellvertretender Leiter der Feuerwehr, erläutert. Leiterwagen und Notärzte treffen ein – „mehr Rauch!” – hört man von drinnen. Man soll sehen, wo es sprichwörtlich brennt. Denn der ganze Trubel ist nur ein Rollenspiel für den Ernstfall.

Einen solchen schweren Einsatz gab es in Mülheim bislang zum Glück nur in der Simulation, sagt Werner, bei einem Großbrand am Dickswall habe es damals 20 Verletzte gegeben. Umso wichtiger aber ist es, dass man solche Einsätze übt: Eine Explosion in der Halle hat eine Schulklasse überrascht, die zu Besuch war. So lautet das Szenario. Was die Einsatzkräfte allerdings genau vor Ort erwartet, wissen diese nicht. Es soll möglichst nahe an der Realität sein.

Notärzte und Seelsorger

Deshalb gehören zu den über 200 Lebensrettern von der Feuerwehr bis zu Notärzten und Seelsorgern, ebenso 40 Menschen, die sich als Verletzte in der Halle positioniert haben. Die Maske hat bei ihnen ganze Arbeit geleistet: Raphael Müller (18) vom Deutschen Roten Kreuz hat eine böse Kopfverletzung geschminkt bekommen und außerdem ein blutendes Bein. Mehrere Einsätze hat der Fachlagerist in Ausbildung schon hinter sich. Schreien und jammern vor Schmerzen fällt ihm fast leicht und „es erhöht den Stress für die Retter - fast wie im Ernstfall”. Seine „Leidensgenossin” Selina-Denise Kleiß (17) ist bleich geschminkt, denn „das zeigt Schock an”, so die auszubildende Köchin.

Draußen rollt die Feuerwehr bereits Schläuche aus und legt die Atemmasken an. Wo es raucht, kann schließlich auch Feuer sein. Dann dringen die ersten Männer in das Gebäude ein. Drinnen wird ihnen erst einmal eine blaue Folie vor die Maske geklebt - die Sichtbehinderung ersetzt den dicken Qualm, der im Inneren herrschen soll. Man hört Hilferufe und Schreien, die Männer gehen aber behutsam vor wie im Ernstfall, denn die eigene Sicherheit hat Vorrang, und schleppen die ersten Verletzten raus an die Sammelstelle vor der Halle.

Es ist die erste Zwischenstation, erläutert Jörg Schievermann, Leiter des notfallpädagogischen Instituts Essen, das dieses Szenario zwei Monate lang im Auftrag der Mülheimer Feuerwehr mitentwickelt hat. Hier werden die Verletzten auf Liegen und in Decken gepackt, erstversorgt und erfasst für die Personenauskunftstelle. Denn schließlich wollen bei einem solchen Unglück die Verwandten der Betroffenen Auskunft haben.

Außerdem werden sie in Kategorien unterteilt: Leichtverletzte erhalten eine grüne Karte, nicht vital Verletzte eine gelbe, die Schwerverletzten eine rote. Letztere werden so schnell wie möglich in das größere Versorgungslager gebracht, das die Einsatzkräfte bereits auf dem Gelände und mit Abstand zur Gefahrenstelle errichten.

Großübung der Feuerwehr Mülheim an der Ruhr auf dem MEG-Gelände. Bild: Stephan Glagla
Großübung der Feuerwehr Mülheim an der Ruhr auf dem MEG-Gelände. Bild: Stephan Glagla © Stephan Glagla | WAZ FotoPool

Eine Stunde nach dem Einsatzbeginn ist nun die so genannte „Chaos”-Phase beendet. Schievermann, der auch als neutraler Beobachter vor Ort ist, wirkt zufrieden: „Es läuft gut, alle notwendigen Instrumente vom Atemgerät, Defibrillator bis EKG-Gerät sind bereitgelegt und der Abtransport zum Versorgungszelt läuft kontrolliert.” Von dort aus werden die schwersten Fälle je nach Möglichkeit in die örtlichen Krankenhäuser weitertransportiert.