Beim Videoclip-Dancing lernt man Tanzen wie die Stars. Anfänger müssen aber erst mal Arme und Bein sortieren.

Der Slogan behauptet: „Hier lernt ihr Tanzen wie die Stars.” Die Frage ist nur, ob Lady Gaga auch daran scheitert, die Arme nach links zu bewegen, während sie nach rechts geht. Das Aufwärmen zum aktuellen Lied der Sängerin jedenfalls lässt nichts Gutes für die kommende Stunde erahnen. Choreografie pur steht nämlich an, beim Videoclip-Dancing in der Tanzschule Ritter.

Zu Beginn zeigen die fünf Teilnehmerinnen und Tanzlehrerin Anika Olschweski, wie es aussieht, wie es fertig ist. Mit der Wiederholung alter Choreografien geht es los. Zu Hits von Michael Jackson und anderen tanzen die Damen, lassen die Hüften und die Hände kreisen. Dann bewegen sich die einen nach vorne, die anderen nach hinten, tippen mit dem Fuß auf, heben die Arme. Bei „One Life”, einem Lied der No Angels, verlieren die Tänzerinnen allerdings den Faden. Diese Schrittfolge ist auch die neueste. Seit ein paar Wochen lernen die Frauen sie Stück für Stück. Nun kann auch der Neuling einsetzen – und sucht sich prompt einen Platz in der hinteren Reihe.

Los geht's. Zuerst ohne Musik wird der Beginn der Choreografie wiederholt. Anika Olschewski steht vorne, setzt den Fuß nach rechts und lässt den Arm kreisen. „Das ist der Anfang”, erinnert sie und singt vor: „Uuuaaaaah!” Aha. Dann die Arme zur Brust, Hände übereinander, runter und rechtsrum kreisen, während man den Fuß nach rechts stellt, dann alles nach links. Verzweifelt schaut man der Tanztrainerin auf die Hände und Füße, versucht es, hinzubekommen, hampelt selbst ein bisschen grobmotorisch durch die Gegend. „Aber das ist am Anfang ganz normal”, beruhigt Anika Olschewski. Damit meint sie nicht etwa, dass man ja die Schrittfolge noch nicht kennt; sie schiebt gleich neurologische Ursachen vor. „Man braucht zum Tanzen beide Gehirnhälften und die müssen sich erst verbinden.” Videoclip-Dancing, ein Training für Körper und Geist.

Dann schaltet Anika Olschewski die Musik an – und mit Takt klappt es besser, aber gut – oder gar elegant – ist anders. Einmal, zweimal wird wiederholt, dann folgt der nächste Teil. „Der Pinguin wischt das Fenster”, fordert die Trainerin plötzlich und lässt nur den Unwissenden irritiert zurück. Alle anderen senken die Arme, strecken die Hände seitlich weg, bevor der rechte Arm kreist – ja, man könnte es eine Wischbewegung nennen. „Das sind Eselsbrücken”, erklärt die Trainerin. „Das machen wir immer. Bei den Kindern erzählen wir ganze Geschichten.” Bei den Kleinen und Jugendlichen sind die Choreografien aber auch schwerer als bei diesem Kurs für Erwachsene.

Für Neulinge ist das nur vor Vorteil. Denn nun kommen endlich Schritte, die auch die Teilnehmerinnen noch nicht kennen, und die werden genauer erklärt. Arme nach oben, von rechts nach links bewegen, runter, rechts, links. Dann: die Schultern vor und zurück, den rechten Fuß nach vorne auftippen, den linken. Wieder und wieder werden die Schritte wiederholt – so oft, dass man, als die Musik wieder einsetzt und man von Anfang an tanzen soll, vergessen hat, wie genau der Pinguin das Fenster wischt. Aber kurzweilig ist es. Im Nu ist die Stunde um, die ursprüngliche Choreografie um ein paar Schritte länger. Durchgeschwitzt allerdings ist man nicht. Dafür hat man seine Hand-Auge-Koordination ordentlich trainiert.