Mülheim. Mülheims Hotel Handelshof ist Geschichte. Ein Investor will am Standort in großem Stil neu bauen. Für wen die neuen Wohnungen gedacht sind.
Das Gebäude mit imposanter Fassade ist aktuell eines der prominentesten Leerstände Mülheims: Fast 90 Jahre hatte es den Familienbetrieb im Hotel Handelshof an der Friedrichstraße gegeben, Generationen von Mülheimerinnen und Mülheimern verbinden schöne Erinnerungen an Feierlichkeiten mit dem Haus. Jetzt sind die Pläne ausgereift, mit denen Investor Blankbau aus Duisburg ein neues Kapitel an Ort und Stelle schreiben will. Mit betreutem Wohnen.
Das Hotel Handelshof ist als Mülheimer Institution Geschichte. Nach 88 Jahren hat Hotelchef Martin Hesse das Haus im vergangenen Jahr geschlossen. Aktuell räumt er die letzten verbliebenen Relikte der Hotelgeschichte aus; die Übergabe an die neuen Eigentümer steht unmittelbar bevor. Die Zimmer sind geräumt. Einige gestapelte Stühle, Gläser und Schnapsflaschen aus der Bar, auch noch Blumen und anderes stehen zum Abtransport bereit. Im Haus sieht es schon aus wie auf einer Baustelle, die darauf wartet, in Angriff genommen zu werden. Einige Bauteile liegen schon offen: Es galt die Substanz zu prüfen.
Hotel Handelshof in Mülheim: Abrissbagger sollen noch 2023 anrollen
- Eine Fotostrecke zum Rundgang im ehemaligen Hotel Handelshof finden Sie hier.
Und tatsächlich will der Investor noch in diesem Jahr loslegen. Im April will er den vorabgestimmten Bauantrag bei der Stadt einreichen. Wenn alles glattgeht, sollen Ende des Jahres Abrissbagger zum Gelände ausrücken, 2024 die auf zwei Jahre angesetzten Neubauarbeiten starten. Ja, das Gebäude-Ensemble wird großflächig abgerissen. Es ist durch viele Umbauten im Laufe der Zeit wahrhaft zum Labyrinth geworden.
Die in Teilen denkmalgeschützte Fassade wird als Solitär allerdings erhalten. Sehr zufrieden zeigt sich der Chef der Mülheimer Denkmalbehörde, Axel Booß, mit der Lösung, die die Architekten des Investors dafür nach länger andauernden Planungen und Abstimmungen unter anderem mit dem städtischen Gestaltungsbeirat gefunden haben.
Als Stützen der alten Fassade bleiben die Seitenwände acht Meter tief stehen. So bleibt die denkmalgeschützte Fassade über ihre komplette Ausbreitung erhalten. Das in den 1950er-Jahren draufgesattelte, nicht geschützte Geschoss wird in einer Form ersetzt, so dass der Handelshof am Ende gar seinem ursprünglichen Erscheinungsbild wieder näherkommt. Dieses Versprechen gaben jetzt in einem Vor-Ort-Termin Thomas Kieß, Geschäftsführer der Blankbau-Tochter Olivyo Development, und deren Leiter der Projektentwicklung, Michael Schmid.
Mülheims Chef der Denkmalbehörde: Eine „wirklich ausgereifte Fassadenplanung“
So sollen am alten Hotelbau wieder drei Risalite, also vorspringende Baukörper, ausgebildet werden. Sie sollen rechts, links und mittig am neuen Staffelgeschoss verortet werden. Die Fenster sollen nach historischem Vorbild erneuert werden. Auch für den Anstrich soll das Original Pate stehen; eine Restauratorin hat dafür eigens die aufgetragenen Farbschichten untersucht. Langwierig waren die Abstimmungen zum Denkmalschutz und zur Gestaltung dem Vernehmen nach, am Ende aber loben beide Seiten das Ergebnis: Die Investoren das „zielgerichtete Arbeiten“ mit der „sehr pragmatisch“ und zügig agierenden Stadtverwaltung. Und Mülheims oberster Denkmalpfleger Booß spricht von einer „wirklich ausgereiften Fassadenplanung“, insgesamt von einem „schicken Projekt“.
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Auch das Gebäude links vom Handelshof hat der Investor erworben. Nach seinem Abriss werden dort und auf der Parkplatzfläche rechts vom alten Hotel Neubauten entstehen, die dem Altbau förmlich einen Rahmen geben. Insgesamt sei eine Investition im deutlich zweistelligen Millionen-Bereich geplant, sagt Kieß. Neu gebaut wird nicht nur an der Friedrichstraße, sondern viel auch im hinteren Bereich, der sich bis zur Teinerstraße erstreckt. Dort wird das Gebäude Nummer 24-26, in dem die Gaststätte „Ührchen“ unlängst das Feld geräumt hatte, ebenfalls für einen Neubau fallen, der über einen circa zwölf Meter breiten Querriegel mit den Gebäuden an der Friedrichstraße verbunden sein wird.
Aktuell geplant sind 96 barrierefreie Wohnungen in Mülheims Innenstadt
Darüber hinaus sind dort, wo heute im Hinterhof der baufällige alte Festsaal platziert ist, weitere zwei Neubauten geplant, mit denen zwei Innenhöfe arrondiert werden, ein öffentlich zugänglicher und ein privater Gartenhof für die späteren Bewohner. Durch den Geländesprung mit einer Differenz von 7,20 Metern zwischen Friedrich- und Teinerstraße werden im Innenhof fünf Geschosse sichtbar sein, an der Teinerstraße nur drei.
Bekanntlich plant Blankbau über seine Tochter Olivyo Development vor Ort für betreutes Wohnen. Aktuell geplant sind 96 barrierefreie Wohnungen, ganz überwiegend mit zwei oder drei Zimmern, Bad und Küche, so dass sich Bewohner auch selbst versorgen können, solange sie das können. Insgesamt 6100 Quadratmeter Wohnraum sollen geschaffen werden. So liegt die durchschnittliche Wohnungsgröße bei rund 60 Quadratmetern. Der Altbau soll KfW-70-Standard erreichen, die Neubauten KfW 40 (mit Nahwärme und Photovoltaik). Der Investor strebt eine Zertifizierung durch die Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen an, „für den Neubau in Gold“, so Kieß.
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Tagespflege und öffentlich zugängliches Café sind im Erdgeschoss geplant
Im Wohnprojekt sollen Dienstleistungen zu buchen sein, die das Leben leichter machen. In Gesprächen sei man bereits mit Anbietern für eine Tagespflege, die in eine Hälfte des Erdgeschosses einziehen soll, so Kieß. Es soll zusätzlich Hilfen für den Einkauf, für die Wäsche oder Behördengänge geben. Ein Essensservice und eine Sozialstation sollen das Angebot abrunden. Im alten Frühstücksraum im Erdgeschoss soll ein Café etabliert werden, in dem Bewohner und Bürger zusammentreffen. Es wird laut Schmid auch mit dem Innenhof verbunden sein, der über ein Tor im ehemaligen Haupteingang des Hotels erreichbar sein soll.
Die Wohnungen wolle man gerne an Menschen ab 65 Jahren vermitteln, so Kieß. Er betont, was viele Menschen denken, aber dann häufig doch nicht in die Tat umsetzen: Sich frühzeitig vom eigenen Einfamilienhaus zu trennen, um in eine innenstadtnahe Wohnung zu ziehen, die Menschen das Älterwerden erleichtert, um solange wie möglich ein selbstbestimmtes Leben zu führen, ohne ins Pflegeheim zu müssen. Der Bedarf für solche Wohnformen sei riesig, blickt Kieß auf die Babyboomer-Generation. „In den nächsten 15 Jahren wird es in Deutschland fünf Millionen mehr Rentner geben.“
Suche nach einem Generalunternehmer: „Es ist sehr herausfordernd“
Die steigenden Zinsen, auch die Baupreise haben die Investoren noch nicht zurückschrecken lassen wie etwa die großen Wohnungsunternehmen Vonovia und Vivawest. Die Planung müsse aber schon sehr wirtschaftlich sein, mit den Architekten ringe man etwa um optimale Zuschnitte. Der Bauzeitenplan sei bewusst knapp gehalten. Es soll zügig vorangehen, wenn einmal ein Generalunternehmen für den Bau gefunden sein wird. Mit mehreren möglichen Auftragnehmern sei man im Gespräch, sagt Kieß, aber: „Es ist sehr herausfordernd, den Zielpreis hinzubekommen.“