Mülheim. Mit Arbeiten an der Mülheimer Weberei geht’s erst weiter, wenn die Bodendenkmalpfleger fertig sind. Tage des Tudorhauses sind wohl gezählt.

In wenigen Tagen jährt sich der Gründungstag der Troost’schen Baumwollspinnerei zum 232. Mal. Am 18. Februar 1791 erhielt Johann Caspar Troost die Erlaubnis zur Errichtung einer Textilfabrik, die sich laut Stadtarchiv zum vorübergehend größten Unternehmen Mülheims entwickeln sollte. Noch heute finden sich Überreste der Troost’schen Weberei zwischen Dohne und Ruhr. Bald allerdings könnte die Fassade des einstigen Tudorhauses fallen – sie soll zu marode für eine Sanierung sein. Aktuell finden auch Grabungen auf dem Terrain statt. Das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege ist Historischem auf der Spur.

Laut Jens Schubert, Pressereferent beim LVR, ackert eine archäologische Fachfirma den Boden, der bis vor kurzem unter dem alten Webereigebäude verborgen lag, seit Wochen durch. Schubert spricht von einer „regulären Untersuchung im Vorfeld von Baumaßnahmen, um archäologische Befunde im Boden zu dokumentieren“. Ob bei dem akribischen Tun schon Interessantes zu Tage getreten ist, vermag er nicht zu sagen. Die Experten steckten noch mitten in der Arbeit. Und so liege der entscheidende Bericht für das LVR-Amt, welches die Maßnahme fachlich überwacht, noch nicht vor.

Bagger sollen am Tudorhaus Tabula rasa machen, die verbliebenen Mauern abreißen

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Während an einer Stelle des geschichtsträchtigen Ortes also eifrig gegraben wird, sollen an einer anderen bald die Bagger anrollen und Tabula rasa machen. So zumindest wünscht sich das Investor Matthias Gülich, dessen Firma Arealcon die Troost’sche Weberei im Frühjahr 2020 übernommen hat, um exklusiven Wohnraum zu schaffen. Laut seiner Aussage ist die Fassade des Tudorhauses nicht mehr zu retten, auch wenn die Denkmalschützer dies einst ausdrücklich verlangt hatten. Gülich führt unter anderem wirtschaftliche Gründe für den Abriss an.

Vor einigen Woche hatte Arealcon der Stadt diverse Unterlagen vorgelegt, um die Behauptung zu untermauern. Die Untere Denkmalbehörde hat die Schriftstücke mittlerweile ausgewertet und sich der Auffassung angeschlossen, dass die historische Hülle nicht bewahrt werden kann. Einzig die LVR-Baudenkmalpfleger können sie noch retten. Ihre Stellungnahme ist vorgeschrieben und steht noch aus.

Mülheimer Bauaufsicht würden den Abriss der historischen Stätte freigeben

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Axel Booß, Leiter der städtischen Bauaufsicht, stellt unterdessen schon klar: „Wir würden den Abriss freigeben.“ Denn andernfalls stehe zu befürchten, dass den Arbeitern „die Wände auf den Kopf fallen“. Man könne sich in der Ruine nicht mehr gefahrenlos bewegen. Kommt es wie nun angedacht, müssten die drei Wände „historisierend neu errichtet werden“, erklärt Booß. Wie sie rekonstruiert werden könnten, ist unklar. „Der Investor muss Pläne vorlegen und wir gegebenenfalls eine Baugenehmigung erteilen.“

Auch am dritten Objekt des Ensembles, dem Kutscherhaus, laufen die Arbeiten nicht ganz so wie einst angedacht: „Dort gibt es Schwammbefall, sagt der Investor.“ In den kommenden zwei Wochen werde sich die Bauaufsicht gemeinsam mit der Denkmalbehörde ein Bild vor Ort machen.