Duisburg/Mülheim. Im August wurde eine Mülheimerin (81) brutal niedergestochen. Kurz vor dem Urteil kamen neue, skurrile Details rund um den Tathergang ans Licht.

Ein gestresster Mitarbeiter eines Sicherheitsunternehmens war Mitte August 2022 spontan von den Niederlanden aus nach Deutschland gefahren, um sein Nervenkostüm zu beruhigen. Nachdem er bei Sommerhitze zwei Tage lang ohne Nahrung und Getränke durch und um Mülheim herum zu Fuß unterwegs war, stach der Mann am 17. August an einem Kiosk an der Mühlenstraße in Dümpten einer 81-jährigen Frau ein Messer in den Rücken. Nach drei Verhandlungstagen fällte das Landgericht Duisburg nun ein Urteil.

Der Angeklagte, ein Hobby-Edelstein-Sammler, hatte sein Auto einfach irgendwo abgestellt und war los gelaufen. Nur raus in die freie Natur. Die festen Schuhe, sein Zelt, Geld, Essen und Trinken ließ er im Fahrzeug. Doch schon bald hatte er sich nicht mehr erinnern können, wo das stand. Zwei Tage lang suchte er vergeblich Hilfe. Sein Handy funktionierte nicht. Sein Gehirn bald auch nicht mehr. Völlig dehydriert hatte er wohl zuletzt noch am Tatort versucht, an etwas Wasser zu kommen.

51-Jähriger wusste nicht mehr, was er tat

Dass er die 81-jährige Geschädigte mit dem von hinten geführten Stich schwer verletzte, tat dem Niederländer sehr leid. Jedenfalls nachdem er aus seinem völlig verwirrten Zustand wieder heraus war und davon erfuhr. Medikamente hatte der Mann dazu nicht gebraucht. Sein Zustand besserte sich bald, nachdem er in der Haft mit Nahrung und Getränken versorgt worden war. Eine Erinnerung an die Tat hat er aber nicht.

Es sei nicht auszuschließen, dass der Angeklagte im Zustand völliger Schuldunfähigkeit handelte, so die Ansicht eines psychiatrischen Sachverständigen. Die Kombination von Stress, Schlafmangel, Unterzuckerung und Dehydrierung habe bei dem 51-Jährigen eine vorübergehende schwere psychotische Episode verursacht.

Angeklagter verließ Gerichtssaal als freier Mann

Und noch einen Faktor wollte der Gutachter nicht völlig ausschließen: Das einzige, was der Angeklagte in der ganzen Zeit zu sich genommen hatte, war eine halb verfaulte Banane. Ein darin enthaltener virologischer Stoff könne den „traumähnlichen Zustand“, in dem sich der Niederländer befand, noch verstärkt haben.

Die Juristen waren sich nach dieser ärztlichen Stellungnahme rasch einig: Objektiv habe der Angeklagte zwar die alte Dame verletzt und ein versuchtes Tötungsdelikt begangen. Aufgrund der „vorübergehenden krankhaften seelischen Störung“ könne er dafür aber nicht zur Verantwortung gezogen werden. Der 51-Jährige wurde freigesprochen. Eine Unterbringung in einer psychiatrischen Einrichtung kam angesichts der Einmaligkeit des Vorfalles ebenfalls nicht in Betracht.