Mülheim. Silvester-Nachholbedarf spürte man in Mülheim: Gezündet wurde ein irres Feuerwerk. Auch in den Stadtteilen ließen die Menschen es krachen.

Silvester 2022/23 in Mülheim: Es wirkte, als wollten die Menschen alles nachholen, alles rauslassen, was in den vergangenen beiden Jahren verboten war. Das Feuerwerk über der City war gigantisch. Mitarbeitende unserer Redaktion waren in verschiedenen Stadtteilen unterwegs und erlebten eine krachende Nacht.

„Feuer frei!“ hieß es zum Jahreswechsel besonders heftig im Stadthafen. Schon deutlich vor Mitternacht ging es dort richtig los. Auch an der Schloßstraße und Leineweberstraße machten Feuerwerksraketen den Nachthimmel mit ihrem farbigen Funkenregen taghell. Um Mitternacht läuteten die Glocken der Petri- und der Marienkirche das neue Jahr ein. Sie waren unter dem Feuerwerkslärm aber nur gedämpft zu hören.

Farbenprächtiges Silvesterfeuerwerk im Mülheimer Stadthafen

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In der Mülheimer Innenstadt tummelten sich in der Silvesternacht viele Jugendliche, aber auch Familien. Manche Zuschauer war noch so klein, dass sie im Kinderwagen zum explosiven und ohrenbetäubendem Feuerzauber gefahren wurden. Ganz wichtig: Smartphones, mit deren Hilfe die Sekundenkunstwerke, die gen Himmel geschossen wurden, fotografisch festgehalten wurden. Im Stadthafen hatten Anwohner mit Balkon einen privilegierten Ausblick aufs Silvesterfeuerwerk.

Nina Scheffner, Meike Rehne und Steffi Quade stießen auf der Schloßbrücke in Mülheim auf das neue Jahr an. Dort hatten sich viele Feiernde versammelt, um das Feuerwerk zu beobachten.
Nina Scheffner, Meike Rehne und Steffi Quade stießen auf der Schloßbrücke in Mülheim auf das neue Jahr an. Dort hatten sich viele Feiernde versammelt, um das Feuerwerk zu beobachten. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

So mancher Silvestergänger versuchte auch telefonisch Neujahrswünsche zu übermitteln - aufgrund des Feuerwerkslärms ein fast hoffnungsloses Unterfangen. Wenn auf der Straße aufs neue Jahr angestoßen wurde, dann meistens mit einer Flasche Bier und nur ganz selten mit Sekt. Geprostet und getanzt wurde auch im Café Alex auf der Schloßstraße, wo 150 Gäste eine Silvesterparty feierten. Auf der Eppinghofer Straße wurden weniger Raketen abgeschossen, dafür waren etliche Lokale geöffnet, vor denen sich die Gäste das bunte Treiben rund um den Kreisverkehr anschauten und sich gegenseitig alles Gute für 2023 wünschten.

Junge Leute beschießen sich gegenseitig mit Raketen

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Die Polizei zeigte zum Jahreswechsel in der Stadtmitte und in Eppinghofen starke Präsenz. Auch der eine oder andere Rettungswagen war zu sehen und zu hören. Mit Sorgen beobachtete die Polizei, dass sich junge Leute oft gegenseitig mit Feuerwerksraketen beschießen.

In der Kneipe „Zum schrägen Eck“ im Dichterviertel wird traditionell an jedem Silvestertag ins neue Jahr hineingefeiert. Dass Wirt Tomislav Pulic am Neujahrstag Geburtstag hat, ist dabei in der Regel Nebensache. Diesmal nicht: Da Pulic 50 wurde, lud er zur großen Geburtstagsfeier in seine eigene Kneipe. Mehr als 80 Gäste waren da - und das neue Jahr schon mehr als fünf Stunden alt, als die Feier endete.

Manche ärgerten sich auch über die ausgedehnte Knallerei

Von verschiedenen Aussichtspunkten in Mülheim konnte man das nächtliche Feuerwerk besonders gut beobachten. So ließ sich etwa vom Berg oberhalb des Steinbruchs in Broich die halbe Stadt überblicken und sehen, wie in der Innenstadt, aber auch in Saarn unzählige Raketen in die Luft gingen. In der City startete der Feuerzauber schon vor dem Jahreswechsel - man konnte es nicht abwarten. Auch in Broich knallte es heftig, weniger zu sehen war über Holthausen, Menden und der oberen Altstadt. Das Feuerwerk dauerte über eine halbe Stunde in großer Intensität an. Viele genossen das Spektakel, andere fanden die Knallerei aber auch übertrieben, sogar ärgerlich.

Im Wohnviertel gegenüber von Schloß Broich scheinen besonders viele Ungeduldige zu leben. Dort fing es bereits am frühen Nachmittag – noch verhalten – mit einzelnen Böllern an, weitete sich im Verlauf des Abends zu vielen knalligen Effekten, und bereits ab halb zwölf stiegen die ersten bunten Raketen auf. Auf der Schloßbrücke versammelten sich Menschenmassen an der Brüstung, um Richtung Stadthafen und Duisburg das Feuerwerk bewundern zu können, dabei zeigten sich die meisten leuchtenden Raketen über Saarn.

Vor allem am Mülheimer Stadthafen ließen die Leute es krachen - entsprechend viel Silvestermüll blieb dort zurück.
Vor allem am Mülheimer Stadthafen ließen die Leute es krachen - entsprechend viel Silvestermüll blieb dort zurück. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Das Jahr 2023 war erst sieben Minuten alt, da jagte bereits ein Polizeiwagen über die Schloßbrücke in Richtung Innenstadt, wenig später querten zwei Rettungswagen die Mühlenbergkreuzung, derweil auf der Aussichtsplattform bei Franky’s kaum mehr Platz für ein Blatt schien. Um 0.45 Uhr hatten die meisten Broicher genug vom Draußenfeiern, auch wenn einzelne Böller noch lange in der Nacht zu hören waren.

Geballer auf der Plattform am Kahlenberg

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In Holthausen, rund ums Kahlenbergviertel, ließen es die Anwohner ebenfalls krachen, heftig, aber friedlich. Neben dem Ruhr-Reeder-Haus stiegen unzählige Raketen in den nächtlichen Himmel. Beliebter Hotspot war die Plattform am Kahlenberg, oberhalb der ehemaligen Jugendherberge, wo sich rund um Mitternacht rund 80 Leute knubbelten, die den Blick auf das Mülheimer Silvesterfeuerwerk genießen wollten.

Einige konnten allerdings die eigene Ballerfreude nicht bremsen und schossen aus der dicht gedrängten Menge Feuerwerkskörper ab. Das sorgte für angespannte Stimmung auf der Plattform, denn Knaller zündeten im Grünen, Raketen rasten den Kahlenberg hinab in Richtung Ruhr. Und für einige kleine Kinder begann das Jahr mit Angst und Schrecken über das krachende Feuerwerk in ihrer Nähe.

In Saarn ging es ruhiger zu als erwartet

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Auch den Saarnern ging in der Silvesternacht an vielen Orten ein Licht auf. Gemessen zumindest am bunten Sternenregen am Firmament ließ man es zwischen Dorf, Saarnbergsiedlung und Oemberg glitzern und krachen. Energie- und Klimakrise hin oder her: Es schien, als hätte auch der Mülheimer Süden viel Verzicht der vergangenen Jahre nachzuholen, wenngleich die Meinungen auseinandergehen, ob der Lichterzauber insgesamt an die Zeiten vor Corona heranreichte.

Dem punktuell enormen Sternenregen zum Trotz: Den Eindruck der Feuerwehr und Polizei, dass es auf der Straße um Mitternacht weniger krawallig zuging als in der Vergangenheit, bestätigten viele Feiernde. Hörbar war dies auch am ersten Tag des Jahres, an dem oftmals die verbliebenen Reste wortwörtlich verballert werden: Denn es ging zumindest an vielen Stellen im Stadtteil Saarn deutlich ruhiger zu als erwartet.

Himmel über Dümpten und Styrum flackerte wie in Vor-Corona-Zeiten

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In Mülheim-Dümpten war es bis zum frühen Abend noch verdächtig still. Erst gegen 18.15 Uhr war die erste Raketenabfolge im Umkreis zu vernehmen - in der Vergangenheit waren die ersten Böller-Fans auch schon zur früheren Stunde unterwegs. Von Zurückhaltung in Sachen Feuerwerk konnte beim tatsächlichen Jahreswechsel dann aber keine Rede mehr sein. Ab Mitternacht flackerte der Himmel über Dümpten und Styrum in den buntesten Farben - wie in besten Vor-Pandemie-Zeiten. „Das ist die klare Ansage, dass die Leute wieder feiern wollen“, meinte ein Anwohner.

An der Gottfried-Keller-Straße standen zwei Dutzend Menschen im Halbkreis und beobachteten, wie die Raketen im Zwei-Sekunden-Takt minutenlang in die Höhe schossen. Am oberen Zehntweg hatte eine Gruppe auch um Viertel vor eins noch längst nicht ihr Pulver verschossen. Gegen den Krach anstimmen wollte eine Frau in der Straße Auf der Heide, die mit ihrer Gitarre vor die Haustür kam. „Es ist egal, ob man mich hört“, meinte sie, und trällerte ein selbstgedichtetes Neujahrslied.