Mülheim. Nach Verlust des Michelin-Sterns geht das Mülheimer Landhaus „Am Kamin“ neue Wege. Grund dafür ist auch die Trennung vom ehemaligen Küchenchef.
Schwierige Zeiten sind es, die hinter dem Landhaus „Am Kamin“ liegen. „Krisen machen uns nur stärker“, sagt Inhaberin Heike Nöthel-Stöckmann und lächelt so, als wollte sie sich selbst Mut zusprechen. Nun möchte die erfahrene Gastronomin mit ihrem Traditionshaus neue Wege beschreiten, sich auf die Wurzeln des Hauses zurückbesinnen, das sie vor knapp 30 Jahren von ihren Eltern übernommen hat.
Im Sommer 2019, einige Monate, bevor die Corona-Pandemie das Landhaus, wie andere Gastronomien auch, schwer beuteln soll, entlässt die 63-Jährige ihren Sohn und ehemaligen Küchenchef Sven Nöthel. Zu den Gründen möchte sich Heike Nöthel-Stöckmann öffentlich nicht äußern, nur so viel: „Es war keine leichte Entscheidung.“ Sven Nöthel hatte von 2015 bis 2019 einen Michelin-Stern für das familiengeführte Restaurant erkochen und halten können, ehe er das Lokal verlassen musste. Mittlerweile führt Nöthel in Duisburg-Baerl mit dem „Mod“ erneut ein Sterne-Restaurant.
„Am Kamin“ in Mülheim: Neuer Küchenchef ist Tobias Weitz
Trotz hoher Ambitionen und der Auszeichnung des Gastromagazins „Der Feinschmecker“ als eines der 500 besten Restaurants Deutschlands – der Michelin-Stern konnte nicht gehalten werden. „Das war schade“, sagt Nöthel-Stöckmann rückblickend. „Aber ich habe es geahnt.“
Die Zeit mit Lockdowns, Personalnot und reglementiertem Betrieb unter Corona-Auflagen nutzte Heike Nöthel-Stöckmann für Umbauten und Renovierungsarbeiten im alten Fachwerkhaus. Damit allein noch nicht genug: Mit Tobias Weitz konnte das Lokal in Winkhausen einen neuen Küchenchef für sich gewinnen. Gelernt hat der 28-Jährige im Landhaus Mönchswerth in Meerbusch. „Er ist uns von dort empfohlen worden“, erzählt Nöthel-Stöckmann, die den Neusser vor rund drei Monaten einstellte. „Es stimmte wirklich vom ersten Augenblick an“, schwärmt die 63-Jährige von ihrem neuen Küchenchef. „Endlich habe ich einen Koch, der auch einfach Mensch ist.“
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Mülheims ehemaliges Sternerestaurant setzt auf bodenständige Küche
Und auch auf professioneller Ebene scheint es zu passen. Weitz bringt frischen Wind mit, der die neue Marschrichtung des ehemaligen Sternerestaurants künftig maßgeblich prägen soll. „Wir wollen bewusst weg von dem extrem gehobenen Niveau der Sterneküche“, erklärt Inhaberin Nöthel-Stöckmann. „Zurück zu den Wurzeln, könnte man sagen.“ Tobias Weitz selbst beschreibt seine Küche als bodenständig, aber dennoch modern interpretiert – „mit einem Twist“. Und so finden sich auf der neuen Karte Klassiker wie das Senfei als „Knusper Freiland Senfei“ (16 Euro), die „Roulade wie bei Oma“ (26 Euro) oder die allseits bekannte „Birne Helene“ (13 Euro) wieder.
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„Ich lege Wert darauf, saisonale Produkte zu verwenden“, erklärt der 28-Jährige. Und auch wenn sich das Konzept, die Karte und letztlich auch die Preise im „Am Kamin“ verändert haben, „unsere Produkte bleiben die gleichen“, so Nöthel-Stöckmann. Nicht selten, erzählt sie, habe es in den vergangenen Wochen Nachfragen gegeben: „Was ist denn nun mit euch?“ Damit will die gelernte Hotelfachfrau aufräumen. „Wir sind kein Lokal mehr, das sich auf Sterne-Niveau bewegen will. Aber ganz bewusst. Wir wollen wieder mehr Bodenständigkeit.“
Weihnachtsmenü zum Mitnehmen in Mülheim: Mehrere Gänge zur Auswahl
Neben dem regulären, neuen Menü, das Tobias Weitz entwickelt hat, wird in der Adventszeit das Vier-Gänge-Menü „Ente am Kamin“ angeboten. „Ich bin jede Woche beim Gänsepeter und beim Schlachten dabei“, gewährt Tobias Weitz einen Einblick in seine Arbeit. Von Enten-Bouillon über Brust und Keule wird das Geflügel in verschiedenen Variationen nebst saisonalen Beilagen serviert. Und auch für die Weihnachtstage hat sich der Küchenchef etwas einfallen lassen: „Wir bieten ein Heiligabend-Menü zum Mitnehmen an.“
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Drei Gänge sind es, die Weitz zu diesem Zweck entwickelt hat: Saibling, Ente und Schokoküchlein. „Wir liefern alle Zutaten schon perfekt vorbereitet“, erklärt der Koch. Die einzelnen Komponenten, wie etwa der Apfelrotkohl und die Entenbrust, befinden sich in verschweißten Beuteln, „so lässt es sich sehr einfach aufwärmen, anrichten und servieren“. Der Arbeitsaufwand sei mit einer Stunde überschaubar, eine schriftliche Anleitung erklärt das Vorgehen Schritt für Schritt. „Mehr als einen Ofen, einen Topf und eine Pfanne braucht man nicht“, so Weitz.
„Mal was anderes“, sagt Heike Nöthel-Stöckmann und nickt zuversichtlich. „Die Veränderung tut uns gut.“
Das Weihnachtsmenü zum Mitnehmen ist am 24. Dezember erhältlich und auf 50 Pakete limitiert, die Vorbestellung erfolgt telefonisch unter 0208 760036. Am 1. und 2. Weihnachtstag öffnet das Landhaus von 12 bis 15 Uhr sowie ab 18 Uhr, serviert wird ein Fünf-Gänge-Menü. Um eine Reservierung wird gebeten.