Mülheim. Bei den Yonex German Ruhr Internationals in Mülheim dominiert China auf ganzer Linie. Warum die seltenen Gäste im Badminton so erfolgreich sind.
Wieder einmal messen sich in Mülheim die besten Badmintonspieler und -spielerinnen der Welt. Zum dritten Mal finden in diesen Tagen in der Westenergie Sporthalle und der nahe gelegenen Sporthalle Von-Bock-Straße die Yonex German Ruhr Internationals statt.
Neben den alljährlichen German Open für erwachsene Sportler ist das Nachwuchsturnier gerade erfolgreich dabei, sich als zweites großes internationales Turnier in Mülheim zu etablieren. Der Einladung des Veranstalters und aktuellen Bundesligisten VfB Grün-Weiß Mülheim sind 420 Athleten im Alter zwischen 13 und 18 Jahren aus 16 Nationen gefolgt.
Gespielt wird noch bis Freitag. Die ersten Finale werden am Donnerstag ausgetragen. Wer also die Badmintonstars von morgen live erleben will, der hat noch bis zum 14.10. die Gelegenheit dazu – bei freiem Eintritt.
Badminton-Turnier in Mülheim: Alle reden nur über ein Team
Eine Nation hat bereits jetzt von sich reden gemacht: China ist zum ersten Mal mit einem Nachwuchsteam nach Mülheim gereist – mit 26 Sportlern, fünf Trainern, zwei Übersetzern und einem Arzt. Bereits an dieser imposanten Mannschaftsbegleitung werden die Ambitionen der Chinesen deutlich. Deutschland ist nach Belgien und Slowenien bereits deren dritte Station. Ab kommenden Montag findet im spanischen Santander dann mit den Weltmeisterschaften der Junioren der eigentliche Saisonhöhepunkt statt. Momentan sieht alles danach aus, dass China nach den German Ruhr Internationals auch diese Meisterschaft dominieren wird.
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Wir haben uns mit dem chinesischen Teamleader Wang Wei (43) in der Cafeteria der Westenergie Halle zum Gespräch verabredet. Während unten parallel sechs Matches gleichzeitig stattfinden, wärmen sich auf den Gängen oben bereits die nächsten Sportler und Sportlerinnen auf. An den konzentrierten Mienen lässt sich ablesen, was für die Sportler auf dem Spiel steht. Denn in Mülheim werden Weltranglistenpunkte vergeben. Manche Karriere nimmt hier ihren Ausgang und für nicht wenige der zum Teil weit angereisten Teenager dürfte es der erste internationale Wettkampf sein. Das sorgt natürlich auch für angespannte Nerven bei den mitangereisten Trainern, Eltern und Ehrenamtlichen, die grüppchenweise an den Tischen in der Cafeteria sitzen: Gesprächsfetzen in allerlei Landessprachen füllen den Raum.
Mülheim als Nabel der (Badminton-)Welt
Auf die Einstiegsfrage, wie es denn für sein Team bisher läuft, antwortet Wang Wei, wie eine Dolmetscherin übersetzt, ohne Zögern, kurz und bestimmt: „Sehr gut. Alles läuft nach Plan.“ Seine Ambitionen gibt Wei gleich zu Anfang klar zu erkennen: „Wir wollen alle Wettbewerbe gewinnen. Und wir sind optimistisch, dass das klappt.“ Understatement ist Weis Sache nicht: Nicht einmal der Anflug eines Lächelns begleitet seine selbstbewussten Worte.
Was ihm in Mülheim gefalle? „Die einfache Infrastruktur und die guten Trainings- und Wettkampfbedingungen.“ Wei war schon etliche Male hier, zuerst als Sportler, dann als Trainer: „Wer in China professionell Badminton spielt, kennt Mülheim.“ Mülheim als Nabel der Welt also – zumindest der Welt des Badmintonsports. Viel mehr als die Halle und das Hotel in Mülheim werden die Sportler allerdings nicht zu Gesicht bekommen. Ein Freizeitprogramm sei nicht vorgesehen, so Wei.
Und ist es denn keine Herausforderung, mit 26 pubertierenden Teenagern quer durch Europa zu reisen? Zumal alle Sportler, wie Wei versichert, zum ersten Mal das Heimatland verlassen. Sind die jungen Athleten (die für ein persönliches Gespräch nicht verfügbar waren) nicht sehr aufgeregt, das erste Mal in Europa zu sein? Versteinerte Mienen bei den Gesprächspartnern, als sei die Frage unsinnig.
Erfolg über alles und keine Zeit für Belohnungen
Wei erklärt dann, wie essenziell diese Reise für die in chinesischen Sportinternaten lebenden Spieler ist: „Das ist eine sehr große Chance für alle. Nach zweieinhalb Jahren ohne internationale Turniere sind wir sehr froh, hier sein zu können. Alle sind maximal fokussiert auf die Weltmeisterschaften in Spanien.“ Dazu muss man wissen, dass Ausreisen aus China für Normalbürger derzeit kaum möglich sind. Selbst Präsident Xi Jinping hat erst im September dieses Jahres wieder eine Auslandsreise angetreten – die erste seit zweieinhalb Jahren. Die chinesische Badminton-Elite hat also allen Grund, sich privilegiert zu fühlen – womit sich natürlich auch hohe Erfolgserwartungen verbinden.
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Und wenn alles gut geht, gibt es dann wenigstens eine kleine Feier – wenn nicht hier, dann in Spanien? „Nein, das ist nicht unser Stil.“ Denn nach dem Spiel ist vor dem Spiel: „Wer in Spanien erfolgreich ist, hat vielleicht Chancen, ins Erwachsenenteam zu kommen.“ Also geht es aus Santander unmittelbar zurück nach China zum Trainieren.
Der Erfolg hat seinen Preis: Wer auf der Strecke bleibt, wird ersetzt
Einen anderen Stil bescheinigt dem Team China auch Sven Anstötz, 1. Vorsitzender beim VfB Grün-Weiß Mülheim, der die German Ruhr Internationals organisiert. Anstötz grinst, als er sagt: „Die Chinesen spielen sich hier eher warm für Spanien. Man hat das Gefühl, dass die Spieler sogar noch 20 oder 30 Prozent Leistung drauflegen könnten.“
Während andere Teams Ruhepausen vor und nach den Spielen ansetzten, gingen die chinesischen Spieler quasi vom Training direkt ins Match. Und das Training habe es in sich. „Da herrscht militärischer Drill. So etwas habe ich noch nie gesehen. Unsere Sportler würden das gar nicht durchstehen.“ In seinen Worten klingt Anerkennung mit, aber auch Skepsis.
Mülheim bleibt weiterhin attraktiver Austragungsort
Der Erfolg gäbe den Trainern zwar einerseits recht, aber dafür sei auch der Verschleiß nicht zu unterschätzen. Badminton geht vor allem stark auf die Knie. „Mancher Topathlet muss seine Karriere frühzeitig einstellen.“ Und frühzeitig meint hier: um die 20. Chinas Erfolg hat also seinen Preis. Hierzulande ein Nischensport, gehört Badminton in China allerdings zu den beliebtesten Sportarten überhaupt. Dementsprechend leicht könnten ausfallende Talente im bevölkerungsreichsten Land der Erde auch ersetzt werden.
Auch wenn die deutschen Athleten den Chinesen nicht das Wasser reichen können, zeigt sich der viel beschäftigte Organisator Anstötz vollauf zufrieden mit den diesjährigen Meisterschaften. 420 Teilnehmer aus 16 Nationen seien ein sehr gutes Ergebnis. Schön wäre einzig gewesen, mehr Meldungen aus dem asiatischen Raum zu haben – als Konkurrenz für die ansonsten kaum zu knackenden Chinesen.
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