Mülheim. Borschtsch, Blutwurst und Baby-Calamari: Beim Kulinarischen Treff an der Mülheimer Ruhr wird den Besuchern einiges geboten. Eine Übersicht.
- Nach drei Jahren Corona-Pause ist der Kulinarische Treff zurück.
- Acht Gastronomien – etwas weniger als in den Vorjahren – sind 2022 dabei.
- An allen vier Veranstaltungstagen gibt es Live-Musik und Programm.
Jetzt ist es offiziell: Borschtsch ist ein weltweit schützenswertes Gericht – laut Unesco jedenfalls in seiner ukrainischen Variante. Und in dieser traditionellen Zubereitung wird die Rote-Beete-Suppe von Walkmühlen-Chefkoch Sergiy Sirik und ukrainischen Freunden auch als authentische wie genussvolle Speise serviert: beim Kulinarischen Treff an der Ruhr.
„Endlich“, werden manche wohl sagen: Denn zwei Jahre hintereinander blieb auf der Mülheimer Genießer-Meile in den Ruhranlagen die Küche kalt. Coronabedingt. „Jetzt aber geben wir alles, was wir können“, versprechen Sirik, Hendrik Peek (Mausefalle) und Jens Weber (MST). Und drei weitere Gastronomen aus der Ruhrstadt, Düsseldorf und Essen. Ein wenig ,abgespeckt’ geht der Kuli-Treff an die Herdplatten, aber mit doppelt so viel Eifer.
Wie der Chefkoch aus der Ukraine zum „Italiener“ wurde
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Und neuen Ideen: Besagte ukrainische Küche bringen Sergiy und seine Frau Olga exklusiv in die Genuss-Meile ein. Er kam 2002 zum Studieren aus Charkiw nach Deutschland und gründete später „als Italiener“ das Piccolo Principe. So wurde aus Sergiy zunächst einmal Sergio, wie der heutige Chef des Walkmühlen-Restaurants augenzwinkernd anmerkt. Neben Borschtsch in einer kalten Variante stehen weitere „Klassiker“ wie Salo mit Gorilka auf der Karte – der Schweinebauchspeck wird nach traditioneller Art auf Schwarzbrot und mit Schnaps gereicht.
Warenyky wiederum sind gefüllte Teigtaschen, die zum Hauptgericht zählen, Quarkpfannkuchen mit Preiselbeersoße, kurz Syrnyky, runden die Sache ab. Und obendrauf befriedigt der Genuss nicht nur den eigenen Gaumen, denn der Erlös aus den ukrainischen Leibspeisen kommt den Menschen in der Kriegsregion als humanitäre Unterstützung obendrein zugute.
Erlöse aus der ukrainischen Küche unterstützen die Opfer des Krieges
Für Olga und Sergiy, die beide aus dem fast zerbombten Charkiw stammen, ist das eine Herzensangelegenheit. Mit Schrecken blicken beide auf ihre Heimatstadt, die an vielen Stellen dem Erdboden gleich gemacht wurde und wird. Am Telefon verfolgten sie live mit, wie ihre 100-jährige Großmutter aus einem zerstörten Kindergarten geborgen wurde, sie mit dem Taxi und dem Leben davon kam. „Wir haben am Telefon gezittert“, erinnert sich Sergiy.
Doch nicht nur die Ukraine ist mit Speisen vertreten. Die Walkmühle bringt mit Felsenaustern, Kalbsrouladen und Oktopus eine internationale Küche an die Ruhr. Hendrik Peek, Chef der Mausefalle, hat neben erlesenen Grafschafter Weinbergschnecken und geräucherten Bäckchen von „Eifeler Glücksschweinen“ plus eigens angebautem Möhrengemüse auch einen ,ehrlichen’ Dauerbrenner am Start: Blutwurst aus eigener Produktion mit Endiviendurcheinander.
Vermeintlich einfache Küche ist heiß begehrt
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Die salzige Wurst war beim letzten Kuli-Treff 2019 nach zwei Tagen komplett ausverkauft, erinnert sich Peek mit sichtbarem Stolz. Obwohl das eben auch ein echtes Problem war, denn die Wurst ist veritables „Slow-Food“, braucht also zwei Tage zum Räuchern und noch mal zwei zum Ruhen – konnte also nicht ,mal eben’ nachgeliefert werden. „Manche waren sauer“, meint Peek. Die kleine Kehrseite einer Genuss-Meile, die eben Wert auf handgemachte und hochwertige Speisen legt.
Doch Ausweichmöglichkeiten gibt es genug: Die Mülheimer Trattoria Bertolini’s ist mit italienischen Leckereien wie Bavette-Pasta, Baby-Calamari und selbst gemachter Salsiccia – eine grobe Wurst vom Schwein oder Hammel – dabei. Aus Essen kommt das Restaurant Gummersbach unter anderem mit Ravioli mit französischer Entenleber, das Düsseldorfer La Turka bringt etwa Lammfilet mit Thymian-Barolo-Sauce auf den Teller.
Cocktails und Champagner sorgen für das Prickeln danach und wer beim Blick auf die Ruhr Wert auf eine gute Zigarre legt, ist bei Tabak Budde ebenso gut aufgehoben.
Walkmühlen-Chef: „Corona hat die Ess-Kultur verändert“
Für den Ohrenschmaus setzt das Stadtmarketing auf Altbewährtes: Kleine, meist akustische Bands oder Solisten streifen auf dem Areal zwischen Wasserbahnhof und Innenstadt umher. Am Samstag schauen die Ballroom Rockets vorbei mit handgemachtem Rockabilly.
Hendrik Peek und Sergiy Sirik merkt man die Vorfreude an, denn die Corona-Jahre waren für die Gastro bekanntermaßen nicht einfach: „Die guten Fachleute haben schnell umgeschult in die Logistik, als Verkäufer in den Einzelhandel oder zu Autohäusern. Sie haben schnell Fuß gefasst, weil Gastro-Personal mit Kunden arbeiten kann und Service verinnerlicht hat“, erzählt Peek. Jetzt fehlen sie in der Branche. Jetzt muss man sie aufwendig zurückgewinnen.
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Und das gilt auch für die Gäste, glaubt Sirik. Während des Lockdown haben die Walkmühle und auch die Mausefalle viel in Lieferdienste oder in einen Abholservice investiert. Mit dem Effekt, dass Kunden auf Instagram zeigen, wie sie die abgeholten Gerichte anschließend zu Hause edel inszenieren. „Corona hat die Ess-Kultur nachhaltig verändert“, stellt der Walkmühlen-Chef fest. Manche seien noch skeptisch, ob man wieder gemeinsam im Restaurant essen kann.
Gestiegene Energiekosten und Lebensmittelpreise gibt die Gastro kaum weiter
Hinzu kommen die Auswirkungen der Ukraine-Krise mit gestiegenen Energie- und Lebensmittelpreisen – „allein, was man für Speiseöl derzeit bezahlen muss …“, schüttelt Sirik ungläubig den Kopf. Weitergeben werden die Gastronomen des Kuli-Treffs diese Steigerungen nur im verträglichem Maße: „Wir wollen unsere Gäste zurückgewinnen“, sagen sie. Auch für die noch vielen Kulinarischen Treffs in den nächsten Jahren.
Der Kulinarische Treff geht von Donnerstag bis Sonntag, 21. bis 24. Juli, Beginn Do. u. Fr. ab 16 Uhr bis ca. 22 bzw. 23 Uhr; Sa. u. So. von 12 bis 23 bzw. 20 Uhr. Das volle Programm und die Speisekarte im Internet unter www.muelheim-tourismus.de/erlebnisse-events/events/kulinarischer-treff/