Mülheim. Just war der Jugendtreff in Mülheim-Selbeck eingeweiht, schon zeigten sich wilde Graffiti. Wie Bürgerverein und Jugend damit konstruktiv umgehen.
Erst waren sie wie vom Blitz getroffen, dann kam der Donner, inzwischen aber hat sich konstruktive Gelassenheit breitgemacht am neuen Jugendtreff in Selbeck. Dort hatten vor einigen Wochen junge Leute immer wieder den Unterstand mit der Sprühdose bekritzelt. Die hat man nun erwischt und zur Verantwortung gezogen. Wie es an der Wedauer Straße weitergehen soll.
Erwartet hatte man die Sprühattacke oder andere Formen von Vandalismus in der recht abgeschiedenen Ecke zum Karl-Forst-Weg eigentlich schon, „nur eben nicht so bald“, sagt Michael Orth, zweiter Vorsitzender des Selbecker Bürgervereins (SBV). Der hatte mit großem Engagement im vergangenen Jahr darum gekämpft, eine Ecke mit Unterstand für junge Leute im Stadtteil zu errichten.
Ärger über Graffiti-Kritzeleien am Mülheim-Selbecker Jugendtreff war groß
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Gefördert wurden die Kosten von rund 14.000 Euro von der Bezirksvertretung mit 4000 Euro, dem Bürgerverein als Unterpächter und einigen privaten Sponsoren. Die jungen Leute packten selbst mit an, gestalteten und strichen die kleine Hütte mit wetterfester Farbe. Am 29. April wurde die Einweihung von Jugendlichen und Erwachsenen gemeinsam gefeiert. Und dann anderthalb Wochen später das.
Schwarze und grüne Graffiti-Tags auf den Wänden außen und innen, weißes Gekritzel an den Balken „Es gab unterschiedliche Reaktionen darauf“, weiß Orth. Die einen meinten: „Siehste, habe ich dir doch vorher gesagt“, andere schworen: „Wenn wir die erwischen, werden die ihr blaues Wunder erleben.“ Manche fragten sich, wer und warum die Täter sich dort ,verewigten’. Ein Racheakt an der ,reichen’ Selbecker Oberschicht?
Und wieder andere ließen sich nicht unterkriegen: „Dann streichen wir halt neu.“ Bei Orth und seinen Unterstützern ist nach einigem Groll eine konstruktive Gelassenheit eingetreten: „Wo viel Sonne – siehe das gelungene Jugend-Projekt – dort auch viel Schatten.“
16-Jährige auf frischer Tat ertappt, als sie Mülheimer Jugendtreff beschmierten
Die betroffenen Jugendlichen aber legten sich auf die Lauer und erwischten drei 16-Jährige bei einem weiteren ,Verschönerungsversuch’. Sie wurden dazu verdonnert, die Hütte wieder wie vorher zu streichen. „Wir haben ihnen klar gemacht, dass es sich hier um Sachbeschädigung handelt“, erläutert Orth. Doch der SBV wolle sie nicht an den Pranger stellen und möglicherweise das ganze Jugend-Projekt öffentlich in Misskredit bringen.
Vielmehr will der Verein den Vorfall positiv wenden. Zum einen könne es auch sein, dass es für jugendliche Graffiti-Kunst in Selbeck zu wenig Möglichkeiten gibt, überlegt der Vizevorsitzende. So will der Verein mit der Politik und Stadt darüber nachdenken, ob und wo in Zukunft solche Flächen bereitgestellt werden könnten.
Der zweite konstruktive Ansatz betrifft den Schutz der Hütte selbst: So ist der Verein durch viele Gespräche mit unterschiedlichen Personen zur Erkenntnis gelangt, dass ein Mittel zumindest gute Chancen gegen wildes Sprühen bietet: selbst coole Graffiti dort zu sprühen. „Das ist natürlich keine Garantie, aber es gibt eine Art ,Ehrenkodex’ unter Graffiti-Sprühern, keine fremden Werke zu besprühen“, hat sich Orth informiert.
Was gegen wildes Sprühen helfen kann: selber sprühen
Daher hat der Verein nun Kontakt mit der Leiterin der Selbecker Grundschule aufgenommen. Möglicherweise könnte eine Schulgruppe des Kunstunterrichts zwei Außenwände der Hütte gestalten. Außerdem soll mit Jugendlichen und unter künstlerischer Anleitung der Innenraum neu gestaltet werden. „Für dieses nächste Projekt hoffen wir auf Unterstützung etwa durch das CBE und die Medl als Sponsor-Partner.“
So hat der große Ärger an der Wedauer Straße vielleicht zu noch mehr Engagement der Selbecker Jugend geführt und noch größerer Anteilnahme der Bevölkerung. „Spannend wird sicherlich der Prozess der Motivauswahl und die Reaktion aus der Selbecker Bevölkerung werden“, meint Orth und hofft nun auf eines: Dass der Jugendtreff künftig von Wildbesprühungen verschont bleibt.