Mülheim. Traditionelles Grillfest in einer Mülheimer Flüchtlingsunterkunft lebt wieder auf. Erstmals suchen auch junge Menschen aus der Ukraine Anschluss.
Es lief, endlich wieder: das sommerliche Grillfest im Rahmen des Europäischen Nachbarschaftstages an der Flüchtlingsunterkunft in Mülheim-Speldorf. Anna Maria Allegrezza vom Centrum für bürgerschaftliches Engagement (CBE) hat die Grillparty zusammen mit Alexandra Teinovic vom Nachbarschaftsverein des Mülheimer Wohnungsbaus (MWB) organisiert. „Wir arbeiten bestimmt schon zehn Jahre zusammen“, erzählt Teinovic.
Nach einem schweifenden Blick sagt Allegrezza zufrieden: „Es sind viele Ehrenamtliche da, Nachbarn, Flüchtlinge aus Speldorf.“ Alexandra Teinovic ergänzt: „Hier befinden sich viele Genossenschaftswohnungen. Da fällt die Kontaktaufnahme leicht.“
Nachbarn, Flüchtlinge, Ehrenamtliche trafen sich zum Grillen in Mülheim-Speldorf
Die Flüchtlingsunterkunft an der Schumannstraße 11 wartet mit einem gemütlichen Ambiente auf, ganz auf Sommer eingestellt: Zwei Pavillons, ein Sonnendach, einige Biertischgarnituren, dazu Salate und Brötchen, der verführerische Geruch gegrillter Würstchen lädt zum Verweilen ein. Einige Geflüchtete stehen in der Tür ihrer Unterkunft, bleiben Zuschauer oder gesellen sich dazu. Es ist ein zwangloses Kommen und Gehen in einer freundlichen und offenen Atmosphäre, in der sich immer neue Gruppen bilden.
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Regen und Sonne wechseln sich ab. Anna Maria Allegrezza zuckt mit den Achseln. „Wenn das Wetter toll ist, kommen immer ganz viele“, weiß sie und richtet derweil das Gebäck auf dem Tisch aus, den Hagen Bäcker – derzeit im Bundesfreiwilligendienst beim CBE – herbeigeschafft hat.
Freies WLAN bislang nur im Freien
Thomas Zielke vom „Freifunk Mülheim“ bleibt am Rand des Geschehens. Er kümmert sich um die freie WLAN-Anbindung vor Ort, die nur hier im Freien existiert. Er klopft gegen die Holzwand eines Hauses: „Alles energetisch so gut gearbeitet, da ist WLAN in den Innenräumen illusorisch“, sagt der Experte. „Viel zu teuer.“ Zurzeit setzt er alles daran, einer Schülerin auch drinnen Empfang zu besorgen. „Falls das Homeschooling wieder losgeht“, sagt Zielke. So ganz zufrieden ist er noch nicht mit der Internetversorgung. „Es geht. Wir arbeiten daran.“
Die Flüchtlinge in dieser Unterkunft kommen aus Syrien, dem Iran und aus vielen Ländern Afrikas wie Angola, Nigeria und Guinea. „Viele wohnen hier ein bis zwei Jahre“, gibt Allegrezza Auskunft. Zum Großteil sind es Familien, nur wenige Singles sind dabei. Eine davon ist die zurückhaltende 21-jährige Sadiatou aus Guinea. Seit vier Jahren ist sie nun schon in Deutschland, wohnt seit dreieinhalb Jahren hier in Speldorf. Am Berufskolleg hat sie den Abschluss der neunten Klasse geschafft und beginnt derzeit eine Pflege-Ausbildung bei der Awo.
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Sadiatou redet wenig, dabei ist ihr Deutsch gut. Mit ihrem bescheidenen Auftreten und ihrer offenen Freundlichkeit ist nur zu hoffen, dass ihr Wunsch nach einer eigenen Wohnung bald in Erfüllung gehen wird.
Syrische Kinder sind gut in der Schule
Der 41-jährige Syrer Adnan kam Ende 2015 mit Frau und zwei Kindern nach Mülheim, wohnt inzwischen in einer eigenen Wohnung „um die Ecke“, wie er sagt. Inzwischen geht der neunjährige Khalil in die vierte Klasse. „Fleißig und pfiffig“, kommentiert der Vater stolz. Der elfjährige Rinamin spricht das gleiche schnoddrige Deutsch wie alle in seinem Alter. „Er ist sehr gut in Englisch, ist überhaupt ein guter Schüler“, lässt sich Adnan vernehmen. „Aber die Muttersprache vergisst er immer mehr.“
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In vier Tagen wird das jüngste Kind, „Prinzessin“ Laura, vier Jahre alt. Sie kennt keine Sprachprobleme, ist hier geboren, spielt gerade unbeschwert mit anderen Kindern. Seit April 2019 arbeitet Adnan als Laborant in Duisburg. Seine Frau Sherin, die sich auf die C1-Prüfung vorbereitet, um „ein weit fortgeschrittenes Sprachniveau“ bestätigt zu bekommen, hat sich als Betreuerin in offenen Ganztagsschulen beworben. Doch bislang erhielt die einstige Französisch-Lehrerin nur Absagen.
Kritik an der vielen Bürokratie
Ob sie jemals wieder nach Syrien zurückkehren werden? „Vielleicht in zwanzig Jahren“, sagt Sherin skeptisch. Jetzt leben sie hier, wirken zufrieden, sind wirklich angekommen. „Nur die viele Bürokratie …“, sagt Adnan kopfschüttelnd, „wirklich sehr, sehr viel“.
Unter die Neuankömmlinge mischen sich auch Flüchtlinge aus der Ukraine, die erst seit gut einem Monat in Mülheim leben. Umgänglich und nett sind sie, wie der 1994 geborene Jean-Claude aus Charkiw. Die drei jungen Männer kannten sich vorher nicht, leben jetzt in einer Unterkunft, suchen Anschluss. Da sind sie hier, auf der Grillparty des CBE und des Teams vom Hundsbuschviertel, genau richtig.