Mülheim. Am Sonntag herrschte im Mülheimer Forum ungewohnt viel Betrieb: Es gab Kino-Erinnerungen zum Sonderpreis. Was bei den Käufern hoch im Kurs stand.

Mit dem Verkauf von Inventar aus dem Kinofoyer hat am Sonntag der endgültige Ausverkauf des Mülheimer Kinos Filmpassage begonnen. Bereits eine halbe Stunde vor Öffnung sind die ersten neugierigen Interessierten vor Ort. Wenig später ergattern sie tolle Erinnerungsstücke.

Familie Krämer aus Mülheim zählt zu den Profis beim Filmpassagen-Ausverkauf. Kinderfilmplakate haben sie schon, jetzt sind sie auf Sitzsäcke aus. „Ein bisschen Ambiente für das Heimkino“, sagt der Vater und fügt an: „Das macht den Charme aus.“ Schließlich liebt die achtjährige Tochter das Kino und feierte mehrere Geburtstage in der Filmpassage. Außerdem seien sie an Kindermöbeln interessiert, an Stühlen vor allem.

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Genügend Bargeld habe er dabei, grinst der Vater. „Ich bin mental vorbereitet.“ Er schmunzelt, blickt immer wieder erwartungsvoll zu den noch regungslosen Rolltreppen. Familie Krämer ist traurig, dass die Filmpassage schließt, doch jetzt könnten sie wenigstens ein paar Erinnerungen mit nach Hause nehmen, versucht die Ehefrau, das Beste aus der Situation zu machen.

Längst nicht alle Besucher haben persönliche Bezüge zum Mülheimer Kino

Zwei junge Männer, die im Internet auf den Ausverkauf gestoßen sind, wollen „erst mal sehen, was da ist“. „Es soll ja auch Monitore und Fernsehgeräte geben“, sagen sie. Ähnlich äußern sich zwei junge Mülheimerinnen, die ohne Erwartungen gekommen sind. „Vielleicht einen Spannrahmen für Poster“, sagt eine vage. Persönliche Bezüge hat keiner von ihnen zu Mülheims Kino, nur einer war „ab und an“ dort gewesen, dabei wohnen alle in Mülheim.

Popcornmaschinennicht im Sonderverkauf

Betriebsleiterin Daniela van Huth rechnet mit noch mindestens einem weiteren Kinoinventar-Outlet-Sonderverkauf.

Popcornmaschinen und anderes Equipment aus dem gastronomischen Bereich gehörten (noch) nicht zum Sonderverkauf. Am Sonntag ging zunächst das in der Theke zu sehende gastronomische Equipment in den Verkauf.

Pünktlich um zehn Uhr sind die Rollos zur Filmpassage oben, werden die Rolltreppen angestellt. Dann geht es nach einer zügigen Corona-Kontrolle ins Kinofoyer, wo sich die Schnäppchenjäger schnell und ein wenig hektisch verteilen. Als Erstes fallen die Massen an Sitzsäcken auf, die nur knapp halb so viel kosten wie neu. In anthrazit und lila stehen sie zur Auswahl, in groß und klein. Permanent räkeln sich Erwachsene und Kinder darin, wird kurz der Stoff nach Macken und Flecken gecheckt, ist innerhalb von zwanzig Minuten aus der Masse ein übersichtlich kleines Angebot geworden.

„Es sind noch mehr auf Lager!“, steht über vielen Angeboten

Aus der anfänglichen Angst, womöglich leer auszugehen, ist bei den Besuchern längst Gelassenheit geworden, denn: „Es sind noch mehr auf Lager!“, steht über vielen Angeboten. „Fast jeder, der rausgeht, hat einen Sitzsack dabei“, gibt Sarah Buttenborg von der Theaterleitung lachend zur Auskunft. „Und Bilderrahmen.“ Sie schätzt den ersten Menschenschwung auf 150 bis 200, der über das Foyer herfiel.

Die Sitzsäcke waren beliebte Andenken an die Mülheimer Filmpassage. Vor dem Kauf wurden sie gern getestet.
Die Sitzsäcke waren beliebte Andenken an die Mülheimer Filmpassage. Vor dem Kauf wurden sie gern getestet. © FUNKE Foto Services | Franz Naskrent

Glas- und Stehtische, Lichthocker, rollbare Blumenkübel mit Hydrokultur – mal mit, mal ohne Pflanzen –, Ledersessel, bunte Stühle, überall verteilt hängende Bilderrahmen, wirklich alles wird verkauft, selbst kleine Aufsteller aus Plastik. Ringsumher wird diskutiert, werden Fotos mit dem Handy verschickt, wird schnell eine Rücksprache gehalten, dann heißt es: „Sie will eins“, und das junge Pärchen strebt zu den Holzregalen im hinteren Bereich.

Vater bringt 15-jähriger Tochter einen Ledersessel mit

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Gleich am Eingang stehen die typischen, silbern glänzenden Absperrpfosten mit blauen Kordeln. Eine junge Mülheimerin stützt sich abwartend darauf, blickt erwartungsvoll auf den zurückkommenden Mitarbeiter. Dann strahlt sie auf. Für diesen guten Preis nimmt sie ein Paar mit. Sie veranstaltet regelmäßig „Casino Royal“-Events mit ihrer Jugendgruppe. „Das ist einfach cool“, freut sie sich. „Es ist ein schönes Andenken.“ Dem sich verabschiedenden Kino trauert sie hinterher, denn sie war oft und gerne hier, mit Mann und Tochter. Für die Daheimgebliebene (15) ist der Ledersessel gedacht, den der Vater gesichert hat.

Daniela van Hüth, die Betriebsleiterin der Filmpassage Mülheim, ist überrascht vom großen Andrang, schließlich werden die kultigen Kinosessel selbst ja nicht verkauft. Aber sie freut sich, dass so viele Mülheimerinnen und Mülheimer an einer bleibenden Erinnerung ihres Kinos interessiert sind. Der Run auf die Sitzsäcke wundert sie nicht. „Saal 3 war unser Sitzsacksaal“, führt sie aus. Von der Altersstruktur total gemischt sei es da zugegangen. „Da hat auch mal eine 80-jährige Omi drin relaxt“, erzählt Daniela van Hüth schmunzelnd. Sie freut sich trotz der bedauerlichen Schließung, dass so viele Menschen Freude daran haben, sich ein Andenken mit nach Hause zu nehmen.