Mülheim. Unter den 18 Tieren der Diensthundeführerstaffel der Polizei sind eine ganze Reihe wahrer Spezialisten versammelt. Unter ihnen gibt es Experten für Sprengstoff und Rauschgift oder auch für die Verfolgung.

Wenn Thorsten Brüschke jetzt, sagen wir mal, ein Einbrecher auf der Flucht wäre, dann hätte er schlechte Karten. Ganz schlechte. Denn Rasmus hat ihn schon gestellt: Springt an ihm hoch, verbellt ihn. Und würde nicht aufhören, wenn Polizeihauptkommissar Dieter Fischer nicht das Kommando dazu gibt.

„Pack!” muss Fischer, Leiter der Diensthundeführerstaffel, übrigens nicht zweimal sagen. Rasmus schnappt sich Brüschkes Arm – und wenn das nicht nur eine Übung wäre und Polizeioberkommissar Brüschke nicht den dicken Anzug trüge – ein echter böser Bube würde jedenfalls spätestens jetzt aufgeben.

Rasmus hingegen sieht so aus, als machte ihm das großen Spaß. „Das geht bei den Hunden alles”, wird Fischer später erklären, „nur über die Spiel- und Beute-Motivation.” Rasmus, der Belgische Schäferhund (auch: Malinois), ist einer von 18 Polizeidiensthunden der Diensthundeführerstaffel am Polizeipräsidium Essen/Mülheim. Jeder Hund arbeitet im Wechseldienst oder bei Sondereinsätzen mit einem zweibeinigen Kollegen – oder einer Kollegin: Unter den 18 Diensthundeführern, die zur Essen-Mülheimer Staffel gehören, sind fünf Beamtinnen. Eine davon ist Nadine Hermecke. Ihr Malinois Henry ist fünf Jahre alt, und was Rasmus kann, das schafft er auch: Alle Polizeidiensthunde sind ausgebildete Schutzhunde. Zusätzlich kann Henrys feine Nase auch Drogen aller Art erschnüffeln – sogar kleinste Portiönchen.

Motiviert über den Spieltrieb

Auch hier wird der Hund über seinen Spieltrieb motiviert: Die Polizeioberkommissarin zeigt Henry sein liebstes Spielzeug und tut so, als ob sie es an dem (vorher präparierten) Auto versteckt, das durchsucht werden soll. Henry – gespannt wie ein Flitzebogen – sucht auf Kommando das ganze Auto ab. Als er sich hinlegt, zeigt er Nadine Hermecke damit an: Der Stoff ist unter'm Kotflügel. Zur Belohnung kriegt Henry sein Spielzeug zu beißen, Nadine Hermecke lobt ihn und spielt ein bisschen mit ihm herum. Eddy, der Hund von Thorsten Brüschke, kann das auch, genau wie Heinrich, der auf Polizeikommissar (POK) Rüdiger Oers Kommandos hört: Alle drei sind speziell ausgebildete Rauschgiftspürhunde.

Es gibt Hunde, wie Henry, die zeigen ihrem Führer passiv an, wo das Gesuchte steckt, oder sie werden aktiv: kratzen und beißen, um ihren Erfolg zu präsentieren. Das ist eine Frage der Ausbildung und des individuellen Hundecharakters.

Der sechs Jahre alte „Ulli” von POK Sven Busch ist einer von der passiven Sorte, und das hat gute Gründe: Ulli ist ein Sprengstoffspürhund, einer von nur 44 landesweit. Sprengstoffspürhunde wurden zuletzt vor allem im Wahlkampf eingesetzt – ihre Nase ist eben viel aufmerksamer als der beste Bodyguard. „Ulli” erschnüffelt nicht nur Sprengstoffe aller Art, sondern er findet auch Waffen, Waffenteile und Munition.

Und wer das schon erstaunlich findet, der kann wohl kaum fassen, was ein so genannter Man Trailer (etwa: „Menschenverfolger”) zu leisten im Stande ist: Diese Supernasen können Menschengerüche voneinander unterscheiden und sich bei der Suche auf die „Geruchsspur” eines einzigen gesuchten oder vermissten Menschen konzentrieren, auch noch nach mehreren Tagen, in einer Menschenmenge und über eine längere Strecke, berichtet Busch, der schon an der Landespolizeischule für Diensthundeführer in Schloss Holte-Stukenbrock (LAFP) mit den Tieren der so überaus gelassen wirkenden Rasse Bloodhound (Bluthund) gearbeitet hat. „Es gibt Fälle, bei der ein Hund noch eine drei Wochen alte Spur verfolgen konnte”, berichtet Busch.

Man Trailer sind Verfolgungsexperten

Ein Man Trailer, dessen Ausbildung über zwei Jahre dauert, war bei der Suche nach den beiden Aachener Ausbrechern in Mülheim beteiligt. Das Land NRW hat gerade sechs Man Trailer (Hund-Polizist-Teams) in der Ausbildung, einer davon ist einsatzfähig.

Auch Leichenspürhunde werden nur beim LAPF und nicht in den Polizeipräsidien vorgehalten. Und trotz ihrer „Berufsbezeichnung” sind sie hervorragend zum Finden von vermissten lebenden und vielleicht hilflosen Personen geeignet und haben schon manches Menschenleben gerettet.

Die 18 Polizeidiensthunde für Essen und Mülheim werden als Schutzhunde bei nächtlichen Einsätzen oder bei der Fahndung auf einem freien Gelände eingesetzt – zuletzt am Sonntag, um den brutalen Taxiräuber in Speldorf aufzuspüren. Bei Fußballspielen oder wo immer sonst Randale droht, kann allein der Anblick eines Hundes schon die Aggressionslust dämpfen, erleben Polizeihundeführer oft.

Kooperation der Rettungsstaffeln

Nicht nur von der Landespolizeischule kommt Hilfe, wenn die Kräfte nicht ausreichen, Rettungshundestaffeln von DRK oder Arbeiter-Samariter-Dienst (ASB) unterstützen polizeiliche Einsätze. „Die machen gute Arbeit”, lobt Fischer. Zur Erinnerung: „Christo”, ein Hund der ASB-Hundestaffel Hattingen, hatte im September in Velbert die neunjährige Kassandra in einem Gullyschacht aufgespürt.

Wer bei der Polizei Hundeführer ist, der nimmt die Arbeit quasi mit nach Hause: Einen Hund kann man nicht wie eine Waffe wegschließen. Aber das will auch keiner: „Alle, die hier sind, haben ja Spaß am Hund”, betont der Chef, Dieter Fischer. Künftige Polizeihunde kommen oft schon als Hundekinder zu den Beamten. So sind Eddy, Rasmus und die anderen in ihre Freizeit normale Familienhunde. Mit einem Unterschied: Einbrecher sollten sich dick anziehen: Sie werden in der Regel nicht schwanzwedelnd begrüßt.