Mülheim. Höhere Nachfrage zu Photovoltaikanlagen verzeichnet auch die Mülheimer Verbraucherzentrale. Ihre Kampagne verrät, für wen sie sich wirklich lohnt.

Manchmal lohnt es sich antizyklisch zu denken: Die EEG-Umlage für Photovoltaikanlagen wird im Januar 2022 auf den niedrigsten Stand sinken, die bundes- und landesweite Förderung der regenerativen Stromerzeugung und Speicherung ist „mau“, sagen der Energieberater Rainer Bank und Matthias Reinel von der Verbraucherzentrale. Warum sich Solar auf dem Dach dennoch rechnen kann – und für wen?

Von einem Ausbau privater Photovoltaik-Anlagen könnte die Wohnstadt Mülheim massiv profitieren

Denn in Mülheim sind der weit überwiegende Teil der Dächer für nachhaltige Energiegewinnung ungenutzt – das zeigt der bloße Blick auf das Solardachkataster der Stadt eindrucksvoll und seit vielen Jahren. Dabei könnte die Wohnstadt von den vielen privaten Gebäuden massiv profitieren: Zwei Drittel der Dächer eigneten sich für die heizungsunterstützende Solarthermie und 35.000 für Photovoltaik. Gehoben ist dieses Potenzial, das nebenbei auch die CO2-Bilanz der Kommune verbesserte, bislang kaum.

Für wen lohnt sich die Photovoltaikanlage auf dem Dach? Energieberater Rainer Bank (l.) und Christiane Lersch, Leiterin der örtlichen Vertretung der Verbraucherzentrale, informieren anschaulich über nachhaltigen Solarstrom.
Für wen lohnt sich die Photovoltaikanlage auf dem Dach? Energieberater Rainer Bank (l.) und Christiane Lersch, Leiterin der örtlichen Vertretung der Verbraucherzentrale, informieren anschaulich über nachhaltigen Solarstrom. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Das Problem? Offenbar der Anreiz. Angesichts der wenig attraktiven Vergütung- und Förderungslandschaft hängt die Investition stärker vom eigenen Nutzungsverhalten ab, sagt Energieberater Bank. Das Wäschewaschen, die Spülmaschine anwerfen oder das E-Auto auftanken, sollte man schon dann machen, wenn die Sonne scheint und der Strom läuft. Berufspendler sind dann jedoch überwiegend nicht zuhause – und das eigene E-Auto tankt dann eben auch keinen heimischen kostenlosen Strom.

Photovoltaik-Anlagen werden durch Homeoffice-Arbeit attraktiver

Das verstärkte Arbeiten im Homeoffice allerdings hat das heimische Photovoltaik attraktiver gemacht, stellte Matthias Reinel während der aktuellen Kampagne „Solarstrom@home“ der Verbraucherzentrale fest. Die Nachfrage ist also während der Corona-Pandemie größer geworden. Und nicht zuletzt deshalb sind auch die Energiepreise massiv angestiegen. Ein weiterer Grund für das wachsende Interesse an der Sonnenenergie frei Haus. „Teilweise hat man uns zu den Beratungsterminen auf öffentlichen Plätzen das Zelt eingerannt“, sagt der Kampagnenleiter.

Für Mieter: Module liefern Strom an die Steckdose

Alternativ und sogar für Mieter spannend können Solarmodule sein. Die Panels können auf dem – nicht verschatteten – Balkon stehen und werden direkt an die heimische Strombuchse angeschlossen. Von dort aus liefern sie den Strom an den Haushalt.

Rund 300 Watt Leistung (oder 200 Kilowattstunden im Jahr) liefert ein Panel. Das reicht oft für den Kühlschrank, die Wasch- oder Spülmaschine. Man spart damit gut 54 Euro im Jahr. Bei einer Investition von bis zu 500 Euro – so rechnet die Verbraucherzentrale – hat man das in sechs bis neun Jahren raus.

Auch die Öko-Bilanz geht in Ordnung: Etwa 2,5 Tonnen CO2 sparen solche kleinen Solarsysteme innerhalb von 20 Jahren. Der Nachteil: Der Strom muss auch hier direkt verbraucht werden.

Und die Lösungen für die unterschiedlichen Bedürfnisse? Die Verbraucherzentrale sieht gleich mehrere: Ein Speicher zur Stromgewinnungsanlage könnte denjenigen helfen, die tagsüber ,auswärts’ arbeiten. Er ist derzeit aber noch die teuerste Komponente einer Anlage und sorgt dafür, dass die ersten Investitionskosten sehr viel später eingespielt werden, sagt Energieberater Rainer Bank. Wenn überhaupt.

Warum sich Speicher selten wirtschaftlich rechnen

Dabei ist die Gegenüberstellung auf den ersten Blick verlockend: Zwischen neun und 13 Cent kostet der Solarstrom, der Netzstrom hingegen ist doppelt oder sogar dreimal so teuer. Doch auch die Speicherbatterien sind es. Ab 5000 Euro kann dieser je nach Größe allein schon kosten – Landesförderungen geben übrigens gerade einmal 100 Euro pro Kilowattstunde Batteriekapazität dazu.

Hinzu kommt: Speicher sollen eine Lebenszeit von zehn bis 15 Jahren haben – kürzer als die einer Anlage. Und er verbraucht selbst auch Strom. Für eine durchschnittliche Anlage, die 3000 bis 5000 Kilowattstunden im Jahr erzeugt, sei ein Speicher kaum wirtschaftlich, rechnet Bank.

Denn für eine solche Anlage geht der Energieberater von etwa 5000 Euro Investition inklusive Montage aus. Das decke den normalen Jahresverbrauch einer Kleinfamilie in der Regel. Nach rund sieben Jahren hätten sich die Kosten – so die Berechnung von Bank – voraussichtlich eingespielt. Mit einem Speicher verschlechtere sich diese Bilanz unter Umständen sogar, auch wenn die Unabhängigkeit von den stetig steigenden Energiepreisen zunehme.

Die Kampagne „Solarstrom@home“ der NRW-Verbraucherzentrale endet zwar in dieser Woche. Beratungen wird es zu dem Thema natürlich weiterhin geben. Infos unter www.verbraucherzentrale.nrw