Mülheim. Mülheims queerer Jugendtreff „together“ hat für sein Projekt Body & Soul einen Preis bekommen. Trans*Treff bietet Schutz für die Identitätssuche.

Kaum Kontakte zu den Freunden, eingesperrt sein mit einer Familie, die die eigene Identität nicht akzeptiert: Junge Trans*menschen haben unter den Einschränkungen in der Pandemiezeit besonders gelitten. Der Jugendtreff „together“ hat ihnen einen geschützten Raum gegeben, teils real, teils digital, um sich mit Freunden austauschen zu können und nicht in der sozialen Isolation zu verschwinden. Dafür hat der Jugendtreff nun eine Auszeichnung bekommen.

Eine unabhängige Jury hat das Projekt „Body & Soul“ mit dem ersten Preis des Initiativenwettbewerbs des Paritätischen Jugendwerkes (PJW) NRW ausgezeichnet. Bereits seit vielen Jahren verleiht das PJW diesen Initiativenpreis an besonders innovative Jugendprojekte. „Wir freuen uns sehr darüber“, sagt Benedikt Mintrop, der als pädagogische Fachkraft in dem Verein mit Sitz an der Teinerstraße in der Altstadt arbeitet.

Geschützter Raum, um sich zu treffen und auszutauschen

Vor der bunt beklebten Wand gibt es eine Bar und auch eine gemütliche Sitzecke mit selbst gebauten Sofas. Hier finden junge Lesben, Schwulen, Bisexuelle, Trans*Jugendliche und junge Erwachsene einen geschützten Raum, um sich zu Spieleabenden, Workshops oder Kochstunden zu treffen. „Wir planen auch Aktionen für queere Feiertage oder fahren gemeinsam zu Veranstaltungen wie etwa der Pride in Amsterdam“, erklärt Benedikt Mintrop.

Der Trans*Treff ist extra für Jugendliche zwischen elf und 16 Jahren eingerichtet und bietet eigene Angebote, an denen regelmäßig bis zu 20 Personen teilnehmen. Ältere Trans*Menschen treffen sich im together in Essen.

„Es war immer jemand da, mit dem man reden konnte“

So wie der 23-jährige Lasse, der den Trans*Treff das erste Mal vor sechs Jahren in Mülheim besuchte. „Ich war bereits vor meinem Transouting hier und habe viele Freunde getroffen.“ Ihm selbst habe es geholfen, sich dort austauschen zu können, „es war immer jemand da, mit dem man reden konnte“.

Denn häufig komme es vor, dass die Betroffenen in ihren Familien niemanden haben, mit dem sie offen sprechen können, der sie versteht. Oft sind die Jugendlichen auch Anfeindungen von Außen ausgesetzt. „Wir reden daher viel über Prozesse in der Transition und beraten uns gegenseitig, etwa: Wie stelle ich Anträge bei Krankenkassen?“ Jedoch seien die Wege immer sehr individuell. „Nicht jeder möchte eine geschlechtsangleichende Operation oder eine Personenstandsänderung“, weiß Lasse.

Magazin mit Zeichnungen und Gedichten sowie ein Fotokalender sind entstanden

Trans*Treff für Jugendliche

Der Trans*Treff für junge Menschen zwischen elf und 16 Jahren ist jeden Freitag von 16 bis 21 Uhr an der Teinerstraße 26 geöffnet. Ein weiterer Trans*Treff für junge Menschen zwischen 15 und 27 Jahren findet im together in Essen statt. Jeden Samstag von 17 bis 23 Uhr, Kleine Stoppenberger Straße 13-15.Das Fachkräfteteam unterstützt zusätzlich mit Beratungsmöglichkeiten und Angehörigenarbeit. Info: 302 73 58 oder info@together-virtuell.de.

„Zu uns kommen viele Jugendliche, die sich in ihrer Identität noch nicht sicher sind“, erklärt Benedikt Mintrop. „Wir geben ihnen zunächst erst einmal den Raum, ihre Identität zu finden.“ In den Treffen tauschen sich die Jugendlichen aus, geben sich Tipps und diskutieren auch über politische Entscheidungen. Während der Corona-Zeit habe sich das Angebot ins Digitale verlagert.

An dem Projekt „Body & Soul“ war Lasse auch beteiligt, zusammen mit rund 15 weiteren Jugendlichen, die vor Ort und digital mitgemacht haben. Entstanden ist dabei etwa ein kleines Magazin mit Zeichnungen und Gedichten. Darin drücken sie ihre Gedanken über Geschlechterrollen aus, verarbeiten die Vorurteile anderer Menschen ihnen gegenüber. Denn Toleranz ist nicht immer vorhanden. „Es gibt immer wieder Leute, auch Gruppen von Jugendlichen, die bei uns reinkommen und beleidigend werden“, weiß Mintrop. Er kenne einige Trans*menschen, „die sich nicht mehr offen auf die Straße trauen“.

Daher ist es wichtig, Betroffenen Mut zu machen. Zum Beispiel mit dem Fotoprojekt, an dem die jungen Trans*menschen in „Body & Soul“ gearbeitet haben und aus dem ein Kalender entstanden ist. Die Bilder machen unterschiedliche Körper von jungen Trans*menschen sichtbar. Die Lebenswege und -realitäten seien sehr individuell, „daher wollen wir mit diesem Kalender diese Unterschiedlichkeit aufzeigen und damit andere Trans*menschen ermutigen, ihren eigenen Weg zu gehen“.