Mülheim. Generalvikar Pfeffer begrüßte Eugen Drewermann in der Mülheimer Wolfsburg: „Wir haben heute eine lange ungute Geschichte unserer Kirche beendet.“

Wenn der katholische Theologe, Psychotherapeut, Ex-Professor, Ex-Priester und Ex-Katholik Eugen Drewermann früher in Mülheim zu Gast war, war er dies meist auf Einladung des evangelischen Pfarrers Michael Manz. Am Freitag sprach der kürzlich 81 Jahre alt gewordene Drewermann erstmals in der Katholischen Akademie Die Wolfsburg in Speldorf.

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So wie der streitbare und vielschreibende Gottesmann aus dem Bistum Paderborn zuvor die evangelischen Kirchen gefüllt hatte, füllte er jetzt auch das Auditorium der von Judith Wolf geleiteten Akademie. Und Drewermann erhielt viel Applaus und Zustimmung.

Frei und mit heiligem Zorn gesprochen – und viel Zuspruch erhalten

„Ich habe in 20 Jahren Akademiearbeit noch nie so wenig arbeiten müssen“, scherzte Wolf nach den 120 Minuten, von denen der frei und mit heiligem Zorn sprechende Drewermann 90 füllte, so dass die Diskussion am Ende auf fünf Fragen aus dem Publikum beschränkt werden musste.

Kritisch angesprochen wurde Drewermann auf seine harsche Kritik an der katholischen Militärseelsorge, für die der Ruhrbischof und Hausherr der Akademie, Franz-Josef Overbeck, an erster Stelle steht. „Mich hat die Militärseelsorge gestützt und getröstet“, gab ein ehemaliger Soldat zu bedenken. Und Generalvikar Klaus Pfeffer warf ein: „Ich bin angesichts Ihrer Kritik froh, dass ich kein Militär-Generalvikar bin.“

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Helmut Schmidt als einen der klügsten und effektivsten Regierungschefs bezeichnet

Drewermann machte vor dem Hintergrund einer unseligen Geschichte der kirchlichen Waffensegnungen und Kriegsrechtfertigungen deutlich, dass der pazifistische Jesus der Bergpredigt, der den Friedfertigen das Himmelreich versprochen und uns aufgefordert habe, nicht nach dem alttestamentarischen „und am Ende alle Menschen blind machenden Prinzip Auge um Auge“ zu handeln, der militärseelsorgerischen Flankierung von staatlich sanktionierter Waffengewalt die legitime Grundlage entziehe. Drewermann erinnerte daran, dass der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt, den er als einen der klügsten und effektivsten Regierungschefs im Nachkriegswestdeutschland bezeichnete, über seine Enttäuschung angesichts der zwiespältigen und scheinheiligen Rolle, die die christlichen Kirchen im Zweiten Weltkrieg gespielt hätten, zum Atheisten geworden sei.

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Auch heute treibt die katholische Kirche „viele ihrer Gläubigen in einen enttäuschten Atheismus, weil sie nicht den Menschen und den ihm vergebenden und ihn liebenden Jesus in den Mittelpunkt ihres Handelns stellt, der uns seine Frohe Botschaft der Vergebung und des Geliebt Seins ins Herz schreibt“. Statt dessen stütze die Kirche immer wieder ein kapitalistisches Machtsystem, dass die Menschen und Gott als Mittel zum Zweck missbrauche und so missachte, dass Gott und der von ihm geschaffene Mensch ein Selbstzweck sei, der sich jeder Instrumentalisierung unserer wirtschaftlichen Leistungsgesellschaft entziehe.

Generalvikar: „Es war lange überfällig, dass sie hier an diesem Ort sprechen konnten“

Generalvikar Pfeffer räumte ein: „Es war lange überfällig, dass sie hier an diesem Ort frei sprechen konnten. Und wir haben heute eine lange ungute Geschichte unserer Kirche beendet, in der viele Menschen Angst hatten, das vermeintlich Falsche zu sagen.“