Mülheim. Die in Mülheim geborene Landschaftsarchitektin Cornelia Hahn Oberlander hat sich international Renommee erarbeitet. Jetzt starb sie. Ein Nachruf.

Visionärin, Ikone, Legende, Pionierin: Kein Wort des Lobes und der Anerkennung ist groß genug, wenn an Leben und Werk der kürzlich verstorbenen Landschaftsarchitektin Cornelia Hahn Oberlander gedacht wird. Begonnen hatte ihr Leben 1921 in Mülheim.

Der Vater Franz Hahn war Ingenieur und entstammte einer wohlhabenden Industriellenfamilie, ihre Mutter Beate wuchs in Gelehrtenkreisen auf. Als Cornelia Hahn Oberlander sieben Jahre alt war, verließ die Familie Mülheim in Richtung Berlin. 1933 kam ihr Vater bei einem Lawinenunglück ums Leben. Um der Judenverfolgung zu entkommen, floh Cornelia Hahn Oberlander mit ihrer Mutter und ihrer fünf Jahre jüngeren Schwester nach der Kristallnacht 1938 zunächst ins englische Königreich. Von dort aus übersiedelte die Familie ein Jahr später in die USA.

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Im Alter von elf Jahren kam der Wunsch auf, Parks zu bauen

Durch ihre Mutter, die Gartenbücher für Kinder verfasste, entwickelte Cornelia Hahn Oberlander bereits im jungen Alter eine tiefe Sympathie zur Natur. Mit elf Jahren, sagte sie in einem Interview, wäre der Wunsch in ihr aufgekommen, Parks zu bauen. Folgerichtig nahm sie 1944 ein Landschaftsarchitekturstudium an der Harvard-Universität auf. Sie gehörte damit zu den ersten Frauen, denen es gestattet wurde, an der renommierten Ausbildungsstätte zu studieren.

In Harvard lernte sie den aus Österreich emigrierten Peter Oberlander kennen, den sie 1953 heiratete. Gemeinsam zog das Paar im selben Jahr in das an der kanadischen Westküste gelegene Vancouver. Dort arbeitete ihr Mann als Stadtplaner und sie eröffnete ein kleines Landschaftsarchitekturbüro.

Der Landschaftsarchitektin lag viel an der Gestaltung kindgerechter Räume

Fotografin Etta Gerdes hielt in Bildern die Landschaftsarchitektur von Cornelia Hahn Oberlander inmitten kanadischer Großstädte fest.
Fotografin Etta Gerdes hielt in Bildern die Landschaftsarchitektur von Cornelia Hahn Oberlander inmitten kanadischer Großstädte fest. © NRZ | Etta Gerdes

Cornelia Hahn Oberlander hatte ein großes Herz für Kinder. Sie war nicht nur selber Mutter dreier Kinder, auch bei ihrer Arbeit war ihr die Gestaltung kindgerechter Räume, die Kreativität und Fantasie fördern sollten, ein Anliegen. Zur Expo 1967 kreierte sie einen Spielplatz mit Wasserkanal, Tunnel, Baumhaus, Kletternetz und Instrumenten zum Musikmachen. Spielgeräte sollten ihrer Meinung nach keine vorgefertigten Lösungen präsentieren, sondern Anregung zur Selbsterfahrung bieten.

Anerkennung verschaffte sich Cornelia Hahn Oberlander ebenfalls als Wegbereiterin der Dachbegrünung. Wichtig war ihr dabei die Zusammenarbeit mit Architekten. Gebäude- und Landschaftsgestaltung gehörten für sie zusammen und hatten sich der Umgebung einzufügen.

Hahn Oberlander starb am 22. Mai in Vancouver an den Folgen einer Covid-Erkrankung

Ihre Leidenschaft: grüne Innenstädte

Cornelia Hahn Oberlander wurde am 20. Juni 1921 geboren. 2012 widmete das Kunstmuseum ihr eine Ausstellung, zu deren Eröffnung sie erstmals wieder in ihre Geburtsstadt zurückkehrte.

In ihrem Leben entwarf Cornelia Hahn Oberlander mehr als 70 Kinderspielplätze. Sie erschuf zahlreiche Parks und Gründächer, darunter das Dach der kanadischen Botschaft in Berlin. Leidenschaftlich engagierte sie sich für die Begrünung innerstädtischer Bereiche.

Für ihre Arbeiten wurde sie mehrfach ausgezeichnet. Ein erst kürzlich eingerichteter Preis trägt ihren Namen.

Lange bevor Nachhaltigkeit zum Vokabular von PR-Abteilungen gehörte, setzte Cornelia Hahn Oberlander die mit diesem Begriff verbundenen Ideen in ihrem Schaffen um. In ihren Projekten bevorzugte sie die Pflanzung einheimischer Pflanzen. Beim Einsatz von Baumaterialien achtete sie auf Abfallvermeidung und Recycling. Manches mutet kurios an: Bei der Konstruktion eines Gebäudes auf dem Gelände der Universität von British Columbia empfahl sie den Einbau von Komposttoiletten zur nachhaltigen Düngung des Bodens.

Cornelia Hahn Oberlander wird als eine Frau in Erinnerung bleiben, die bis ins hohe Alter hinein agil und wissbegierig geblieben ist. Am 22. Mai erlag sie in Vancouver den Folgen einer Covid-Erkrankung. Im Juni hätte sie ihren hundertsten Geburtstag feiern können.