Essen. Der Polizeiskandal um mutmaßliche rechte Netzwerke zieht Kreise. 12.000 Telefonkontakte von 24 beschuldigten Beamten sollen durchleuchtet werden.
Der Polizeiskandal um mutmaßlich rechte Chatgruppen im Polizeipräsidium Essen/Mülheim zieht weiter Kreise. Nach Informationen dieser Zeitung wollen die Sonderermittler der ermittelnden Polizei Bochum mit Hilfe einer so genannten Massendatenabfrage prüfen lassen, ob die Inhaber von offenbar mehr als 12.000 Telefonnummern Verbindungen zur rechten bzw. rechtsextremistischen Szene unterhalten.
Die mutmaßlich 12.750 Mobilfunk- und Festnetznummern haben die Bochumer Ermittler der „Besonderen Aufbau-Organisation (BAO) Janus“ auf den Mobiltelefonen jener 24 Polizeibeamten gefunden, die im Verdacht stehen, über Jahre hinweg in mutmaßlich rechten bzw. rechtsextremistischen Chatgruppen verfassungsfeindliche und volksverhetzende Inhalte ausgetauscht zu haben.
Düsseldorf: Anfrage wird von LKA und Innenministerium fachlich geprüft
Die Adressaten dieser Massendatenabfrage reichen vom Bundesamt und den jeweiligen Landesämtern für den Verfassungsschutz über die Bundespolizei bis hin zum Bundeskriminalamt (BKA) und den Landeskriminalämtern (LKA).
Die „BAO Janus“ ist aus Neutralitätsgründen bei der Polizei Bochum angesiedelt und federführend für die Ermittlungen im Essener Polizeiskandal zuständig. Die Anfrage der „BAO Janus“ werde beim Landeskriminalamt und im Innenministerium fachlich geprüft, erklärte ein Ministeriumssprecher am Montag.
Die als vertraulich eingestufte Massendatenabfrage der „BAO Janus“ liegt dieser Zeitung im Wortlaut vor. Darin heißt es unter Punkt „1. Lagedarstellung“, dass es „um eine vierstellige Anzahl an möglichen Verstößen im Sinne der §§ 86a und 130 StGB“ gehe. Paragraf 86a stellt das „Verwenden von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen“ wie zum Beispiel Hakenkreuz, Hitlergruß oder NS-Runen unter Strafe, Paragraf 130 greift in Fällen von Volksverhetzung.
Aus Neutralitätsgründen ermitteln Bochumer Polizisten im Essener Polizeiskandal
In der Massendatenabfrage heißt es ferner unter Punkt „3. Ersuchen“: „Liegen den angeschriebenen Dienststellen weiterführende Erkenntnisse zu den in der Anlage aufgeführten Rufnummern im Zusammenhang mit der Politisch motivierten Kriminalität rechts vor?“. Das LKA NRW wird in diesem Ersuchen – „unter nachrichtlicher Beteiligung der BAO Janus“ – um „Steuerung dieser Erkenntnisanfrage“ gebeten.
Die Massendatenabfrage soll nicht nur die Kontaktdaten nationaler Telefonanbieter erfassen, sondern auch die ausländischer Anbieter. Auf den Radar der Ermittler können bei solchen Datenabfragen großen Stils zwangsläufig auch völlig unbeteiligte Personen geraten. Datenschützer wie auch Gerichte beurteilen dieses Instrument daher kritisch.